Swiss Golf & Nachhaltigkeit

Jan A. M. Driessens in Zusammenarbeit 
mit Mirjam Fassold und Alicia Moulin
 

Die Strategie 2020-2024

Doch nun brauchte es einen Plan und eine Strategie für den Bereich Nachhaltigkeit. Denn Nachhaltigkeit war Teil der neu definierten «Swiss Golf Strategie 2020 – 2024»! Es war ein langer Weg, alle Stakeholder der Golfbranche an Bord zu holen, nicht zuletzt auch die Golferinnen und Golfer selbst, die ein Nachhaltigkeitsbewusstsein entwickeln und umsetzen sollten. Um die Golferinnen und Golfer zu erreichen, braucht es das Mitdenken und Mithandeln der Clubs. Diese sind die Basis von Swiss Golf, denn die Golferinnen und Golfer sichern mit ihren Lizenzbeiträgen das wirtschaftliche Überleben des Verbands.

2018 wurde innerhalb des Verbands eine Kommission Nachhaltigkeit gegründet, die sich aus Fachleuten der Wirtschaft (Clubmanager), der Golfplatzpflege (Greenkeeper), Golfplatzarchitekten und Vertretern anderer Branchen zusammensetzte. Sie alle verfügten über besondere Kompetenzen und Kenntnisse im Bereich der Nachhaltigkeit. Die Kommission wird seit Beginn von einem Mitglied des Vorstands von Swiss Golf präsidiert; dadurch ist sichergestellt, dass Pläne und Budgets für Nachhaltigkeitsprojekte breit abgestützt und in der Verbandsstrategie verankert sind. (Erster Präsident der Kommission Nachhaltigkeit war René Misteli; 2019 hat Jan A. M. Driessens die Nachhaltigkeitsagenden im Swiss Golf-Vorstand übernommen und diese 2022 an Etienne Marclay weitergegeben.)

Die Kommission hatte sich viel vorgenommen und als erstes Projekt die Ausarbeitung einer Nachhaltigkeitsstrategie für den Verband in Angriff genommen. Fast zeitgleich startete The R&A eine Initiative zur Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie für die gesamte (europäische) Golfbranche; diese sollte in denjenigen Ländern umgesetzt werden, in denen der Golfsport eine gewisse Grösse und Bedeutung hat. Alle nationalen Golfverbände, die der R&A angeschlossen sind und von dieser einen finanziellen Beitrag erhalten, sollten einen Plan «Golf Course 2030» ausarbeiten; dieser Plan ist mit einer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie gleichzusetzen. Die Kommission Nachhaltigkeit von Swiss Golf ist dem Wunsch der R&A nachgekommen und hat den eigenen Nachhaltigkeitsplan den Vorgaben der R&A entsprechend angepasst, wobei es vor allem um die Gliederung der einzelnen Kapitel ging, weniger um den Inhalt. Deshalb trägt die Nachhaltigkeitsstrategie von Swiss Golf heute den Titel «Golf Course 2030 Switzerland».

«Committed to Green»

Erste Zertifizierungen

Der WWF (als NGO) hat in vielen Ländern vehemente und eindrucksvolle Kampagnen gegen den Golfsport bzw. den Bau neuer Golfanlagen geführt. Die Hauptargumente des WWF waren immer die gleichen: Zerstörung der Natur (Abholzung von Bäumen) und Verbrauch (Verschwendung) von (Trink-)Wasser – Golfanlagen beanspruchen viel Platz, der von einem relativ kleinen Publikum genutzt wird.

Der Golfboom und damit der Bau neuer Golfanlagen erfasste Europa in den 1980er- und 1990er-Jahren. Damals hatten die Golfclubs lange Wartelisten. Mit dem Bau neuer Golfplätze wollte man Abhilfe schaffen und mehr Menschen den Zugang zum aktiven Golfsport ermöglichen. Doch auch in der Schweiz wurde es bald schwieriger, Baubewilligungen für neue Golfplätze zu erhalten. Die Behörden verlangten eine Umweltverträglichkeitsprüfung.

Das Golfarchitekturbüro Steiner & Partner in Thun war bereits Anfang der 2000er Jahre mit der Erstellung solcher Umweltberichte befasst und als Schweizer Partner der GEO Foundation in die GEO-Zertifizierung von Golfanlagen involviert. Die Schweiz gehörte bei der GEO-Zertifizierung zu den Vorreitern: 2009 wurde mit dem Golfpark Nuolen (heute: Golfpark Zürichsee) die erste Schweizer Golfanlage zertifiziert – der Golfpark gehörte zu den ersten zehn zertifizierten Golfanlagen weltweit. 2010 folgte mit dem Golf Club Klosters die zweite Golfanlage in der Schweiz. Auch der Golf Club du Domaine Impérial (2016) und der Golf Club de Lausanne (2018) erhielten die GEO-Zertifizierung, noch bevor Swiss Golf eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie präsentierte. 

Im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie des Verbandes hat Swiss Golf 2019 einen neuen, sehr detaillierten Vertrag mit der GEO Foundation ausgehandelt. In kurzer Zeit hat der Verband Pläne und Richtlinien entwickelt, um Greenwashing nachweislich zu verhindern. Zudem wurde für die Golfbranche eine Methode erarbeitet, um die nachhaltige Entwicklung von Golfanlagen und Clubs transparent und messbar zu machen.

Die Kommission verabschiedete einige wegweisende Ansatzpunkte: Transparenz, Messbarkeit, (erreichbare) Ziele, ein Netzwerk von Partnern, Involvierung von Clubs und Golfanlagen. Vorbild dafür war die RADAR-Logic (Results, Approach, Deployment, Assessment and Refinement), die Philosophie der EFQM (European Foundation for Quality Management), die einen wiederkehrenden Kreislauf darstellt: Plan – Do – Check – Act!

Die Umsetzung

Die Nachhaltigkeitsziele von Swiss Golf sind im Strategiepapier «Golf Course 2030 Switzerland» festgeschrieben. Dieses Strategiepapier wurde vom Vorstand von Swiss Golf an seiner Herbstsitzung 2020 genehmigt und verabschiedet.

Die drei strategischen Hauptziele sind:

  • Bis 2027 sollen alle Golfanlagen in der Schweiz entweder GEO certified® sein, sich auf dem Weg zur Zertifizierung befinden oder einen dokumentierten Strategieplan zur Umsetzung der Nachhaltigkeit vorweisen können.
  • Alle Schweizer Golfanlagen sollen bis 2030 pestizidfrei gepflegt werden.
  • Der Golfsport in der Schweiz soll bis 2035 klimaneutral sein.

Umfassende Studie zu Ökobilanz und Wirtschaftlichkeit

Auf Initiative von Swiss Golf führte die Umtec Technologies AG im Jahr 2021 eine umfassende Studie durch. In einem ersten Schritt wurde eine Ökobilanz (Life Cycle Assessment; kurz LCA) von Golfanlagen erstellt, um messbare und identifizierbare Zielgrössen zu erhalten. Anschliessend wurde ein Aktionsplan für Golfanlagen erstellt, um den Golfsport nachhaltig zu entwickeln. 

In die erste Phase der Studie wurden zwei GEO-zertifizierte Anlagen einbezogen; kurze Zeit später konnten vier weitere GEO-zertifizierte Anlagen in die Studie integriert werden. Diese Erweiterung der Studie auf insgesamt sechs Anlagen war aus verschiedenen Gründen wertvoll und wichtig: So konnten im Rahmen der Studie Daten aus verschiedenen geografischen Regionen der Schweiz gesammelt werden. Insgesamt repräsentieren die in der Studie untersuchten Anlagen rund zehn Prozent der gesamten Golffläche der Schweiz und spiegeln zudem sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen (Wetter, Höhenlage, Bodenbeschaffenheit, Biodiversität, Infrastruktur) wider.

In der Ökobilanzstudie werden folgende Fakten festgehalten:

  • die negativen Aspekte des Golfsports auf die Umwelt, das heisst seine belastende Wirkung (negativer «Fussabdruck», «ecological footprint»)
  • und die positiven Aspekte des Golfsports auf die Umwelt, also seine entlastende Wirkung (positiver «Handabdruck», «ecological handprint»). 

Das Delta zwischen Belastung und Entlastung wird als Wirkungsgrad bezeichnet. Im Sinne der Nachhaltigkeit sollte Golf nicht nur unter ökologischen, sondern auch unter ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten betrachtet und bewertet werden. 

Diese Erkenntnisse und die Notwendigkeit einer LCA haben ihren Ursprung in der Verpackungsindustrie, in welcher häufig Ökobilanzen erstellt werden. Swiss Golf wählte die Umtec Technologies AG als Partner für diese Studie, unter anderem weil das Unternehmen über grosse Erfahrung in diesem Bereich in anderen Industriezweigen verfügt und die Umtec-Studien vom BAFU (Bundesamt für Umwelt) anerkannt sind. Zusätzlich zur Studie wurde ein unabhängiges Peer Review durch Carbotech durchgeführt.

Für die Ökobilanzanalyse des Schweizer Golfsports hat Umtec das sogenannte Umweltbelastungspunkte-System (UBP) des BAFU verwendet. Damit konnte Swiss Golf die Transparenz und Messbarkeit sicherstellen. In weiterer Folge konnten Pläne erarbeitet werden, sich in sämtlichen Bereichen zu verbessern – immer mit dem Ziel vor Augen, den Golfsport in der Schweiz bis 2035 klimaneutral zu gestalten bzw. die dafür notwendigen Investitionen zu berechnen und aufzuzeigen. Finanzielle Investitionen können 1:1 ins UBPs umgerechnet werden – 2500 UBPs entsprechen einem Schweizer Franken; in UBPs ist auch der ökologische Nutzen einer Massnahme messbar. Wirtschaftliche (finanzielle) und ökologische Ziele sind somit eng miteinander verknüpft.

Bei solchen Studien ist es sehr wichtig, die Systemgrenzen zu definieren. Um Kritik (unter anderem von NGOs) vorzubeugen, wurde in der Ökobilanzanalyse von Swiss Golf die Mobilität der Golfer (konkret: deren Anfahrt zu den Golfanlagen) berücksichtigt. 

Die Biodiversität konnte zum Zeitpunkt der Ökobilanzstudie leider nur qualitativ, nicht aber quantitativ erfasst werden; sämtliche verfügbaren Daten von Biodiversitätsstudien der ETH Zürich und des WWF Global (Nyon) wurden für die Studie berücksichtigt. Die Aussage zu Golf und Biodiversität ist eindeutig: Wo der Mensch eingreift, nimmt die Biodiversität ab; Golf kann aber dazu beitragen, die Biodiversität weiter zu schützen.

2022 startete Swiss Golf ein Projekt, um die quantitative Entwicklung der Biodiversität zu messen. Dafür wurde gemeinsam mit der Schweizerischen Vogelwarte Sempach ein Punktesystem entwickelt. Diese Methode ermöglicht die Kartierung und Quantifizierung der verschiedenen Lebensräume mit Hilfe aktueller Luftbilder, jedoch ohne Feldbegehungen. Die ermittelte Punktzahl gibt Aufschluss über den Ist-Zustand der Biodiversität und die ökologischen Stärken und Schwächen der vermessenen Fläche. So zeigte sich, dass ein Golfplatz im Durchschnitt zu 20 Prozent aus naturnahen Lebensräumen besteht, wovon ein Viertel ökologisch besonders wertvoll ist; bisher wurden 23 Schweizer Golfplätze kartiert. Im Anschluss an die Kartierung werden in einem Bericht Empfehlungen und Massnahmen zur Verbesserung der Biodiversität vorgeschlagen. Mit der Umsetzung dieser Massnahmen kann eine Golfanlage weitere Biodiversitätspunkte gewinnen.

Partnerschaften

Seit 2020 wurden verschiedene Partnerschaften zur Förderung der Nachhaltigkeit eingegangen. Eine aktuelle Liste der bestehenden Partnerschaften findet sich auf der Website von Swiss Golf. An dieser Stelle wird deshalb nur ein Auszug wichtiger Partner (per Stichtag 16.10.2024) aufgeführt:

  • IUCN und Sport for Nature Framework: Swiss Golf, die International Golf Federation (IGF) und die Fédération Française de Golf (ffgolf) haben anlässlich der Olympischen Spiele 2024 in Paris das Rahmenabkommen «Sports for Nature» unterzeichnet; dieses ist eine Initiative der IUCN (International Union for Conservation of Nature). Ziel ist es, den Sport für den Naturschutz zu mobilisieren. Swiss Golf hat die vier Prinzipien (Natur schützen, Ökosysteme wiederherstellen, Risiken in Lieferketten reduzieren, positive Massnahmen fördern) bereits vor der Unterzeichnung des Abkommens umgesetzt. Die Vereinbarung schafft Zugang zu neuen Biodiversitätsnetzwerken. 
     
  • Biodiversität. Jetzt!: Mit dem Verein «Biodiversität. Jetzt!» wurde eine Partnerschaft geschlossen, um die Ziele der Bewusstseinsbildung zu erreichen.
     
  • Swiss Recycle: Unser Partner für die Sammlung und Wiederverwertung aller Materialien – Altkleider, Batterien (Lithium-Batterien), Verpackung (PET, Alu-Dosen), Holz – sowie für die Vermeidung von Food Waste (Fermentation). Swiss Golf ist somit auch Partner der Vereinigung Kreislaufwirtschaft Schweiz.
     
  • Pro Natura: Naturschutzprojekte. Die Golffläche in der Schweiz umfasst ca. 42 km2 (4200 Hektaren) und ist damit für den Schutz der Biodiversität von grosser Bedeutung. Eine Golfanlage erstreckt sich im Schnitt über 50 bis 60 Hektaren. Ein Drittel davon ist naturnah, wird nicht für den Golfsport genutzt und sehr nachhaltig gepflegt, ein Drittel sind Zonen mit geringer Pflege und nur ein Drittel wird tatsächlich für den Golfsport genutzt und intensiv, aber nachhaltig gepflegt. Das naturnahe Drittel ist für Pro Natura von besonderem Interesse, weil in diesen Bereichen auch bedrohte Tier- und Pflanzenarten sehr gut geschützt überleben oder sich wieder angesiedelt und entwickeln können. Immer mehr Golfanlagen schaffen Ökozonen, die von den Spielerinnen und Spielern nicht betreten werden dürfen; diese Ökoflächen werden nur zurückhaltend gepflegt, das heisst nur zweimal pro Jahr gemäht. Der Ertrag dieser Flächen kann als Tierfutter («Bioheu») an lokale Landwirte abgegeben werden.

Budget und Personelle Besetzung

Weitere Themen, Erfolge, Errungenschaften… und die Zukunft: Swiss Golf und Nachhaltigkeit

Die 10 goldenen Regeln

Erfolge

  • Die folgenden drei Ziele sind zwar noch nicht vollständig erreicht, aber Swiss Golf ist auf einem sehr guten Weg:
    • 2024 sind 45 Clubs bzw. Golfanlagen GEO-zertifiziert. Das Ziel, bis 2027 alle Schweizer Golfanlagen zu zertifizieren, ist realistisch bzw. erreichbar.
    • Bis 2030 Pflanzenschutzmittel-frei: Ein Aktionsplan wurde verabschiedet und es laufen zahlreiche Versuche zur Erprobung von Innovationen bei chemischen Zusammensetzungen, Bodenuntersuchungen und Grassorten sind im Gange und weisen den Weg zum Ziel. Wenn in einem ersten Schritt auf synthetische Pflanzenschutzmittel verzichtet werden kann, ist das schon ein grosser Erfolg.
    • Klimaneutralität bis 2035: Die neuen Berichterstattungsformen (CSRD und SFDR) und Audits ermöglichen eine Standortbestimmung (Ist-Situation). Die Umtec-Studie hat sehr viele Ansatzpunkte für den Schweizer Golfsport identifiziert. Das Handbuch für Golfplatzbetreiber zeigt den Weg zur CO2-Neutralität auf. Eine grosse Herausforderung bleibt sicher die Mobilität der Golfenden. Die verschiedenen Ansätze erlauben eine gute Standortbestimmung – und wenn allenfalls noch ein Restbetrag in Form von CO2-Kompensationsbeiträgen zu leisten ist, befindet sich der Schweizer Golfsport auch bei diesem Ziel auf der Zielgeraden!
       
  • Die Partnerschaften erfordern viel Kommunikation und solide Arbeit, um gemeinsam eine bessere Welt zu schaffen (UN-SDGs und Brundtland Bericht 1987).
     
  • Das Biodiversitätsprojekt «Let’s Swing for Biodiversity» ist sehr ehrgeizig; dank neuester technologischer Fortschritte (Digital Mapping) sind hier grosse Erfolge möglich – mit ihrer Hilfe kann wirklich bewiesen werden, welch (grossen) Beitrag der Golfsport zur Biodiversität (Erhalt und Schutz) leistet … nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ.
     
  • Die Wasser- und Energieinitiativen sind vielversprechend und zielen alle in die gleiche Richtung: 2035 klimaneutral.

 

 

Beispiele Nachhaltigkeitsprojekte

Abkürzungen

ZS Zivilschutz
AdFW Angehörige der Feuerwehr
PD Preisdifferenz relativ zum Preis des Preisabhängigen Preises
ZS Zivilschutz
AdFW Angehörige der Feuerwehr
PD Preisdifferenz relativ zum Preis des Preisabhängigen Preises
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