«Ich habe mein Leben lang dafür gekämpft, den Golfsport zu popularisieren»
Pierre Ducrey verfolgte gleichzeitig eine akademische und eine sportliche Karriere. Er war sowohl Historiker der Antike als auch Mitglied des Golf-Nationalkaders und zudem ein unermüdlicher Verfechter der Werte unseres Sports. Überdies hat er sein Archiv der Schweizer Golf-Revue und seine Fotosammlung Swiss Golf vermacht.
Interview Thérèse Obrecht Hodler
Als 10-Jähriger spielten Sie Golf mit einem Caddie. Wie hat sich der Golfsport im Laufe eines Dreivierteljahrhunderts verändert?
Er hat sich sehr stark verändert. Der Golf Club Lausanne hatte 1947, als meine Eltern Mitglied wurden, etwa 120 Mitglieder. Damals wurden die Fairways noch von Schafherden «gemäht». Als ich 1956 die Schweizer Juniorenmeisterschaft gewann, wurde ich zu einem internationalen Juniorenturnier nach Paris eingeladen und stellte fest, dass es in mehreren europäischen Ländern eine offizielle Nachwuchsförderung gab. Nach meiner Rückkehr setzte ich alle Hebel in Bewegung, um auch in der Schweiz eine Juniorenbewegung ins Leben zu rufen. 1958 organisierte die ASG ein erstes Trainingslager in Lausanne mit etwa 20 Junioren, darunter zwei Mädchen.
Alles ging sehr schnell: 1957, noch als Student, wurden Sie gleichzeitig Mitglied des Nationalkaders und verantwortlicher Redaktor für die französischen Texte der Schweizer Golf-Revue.
Ich lernte Otto Dillier, den Gründer und Herausgeber der Revue, im Nationalkader kennen und schlug ihm vor, ein paar Artikel zu schreiben, insbesondere um die französische Sprache der einzigen Schweizer Golfpublikation zu verbessern. Otto sagte: `Ja klar, mach das doch!’ Mit meiner Hermes Baby und meiner Leica begann ich zu schreiben und zu fotografieren. Als blutjunger Golfjournalist mit einem Honorar von 20 Rappen pro Zeile und 10 Franken pro Bild besserte ich mein Monatsende auf. Und von Anfang an bewahrte ich die Ausgaben der Schweizer Golf-Revue und meine Fotos sorgfältig auf. Gleichzeitig schrieb ich auch Artikel für mehrere Westschweizer Tageszeitungen, in denen man damals absolut nichts über Golf lesen konnte.
Wenn man einige Ihrer damaligen Editorials liest, stellt man fest, dass bereits in den 1970er Jahren die Frage gestellt wurde: «Golf, ein Sport für Reiche»?
Das ist so. Ich habe mein ganzes Leben lang dafür gekämpft, den Golfsport populärer zu machen. Ich habe zum Beispiel die Geschichte der britischen «Smicards» erzählt, der englischen Pros mit Mindestlohn, die an die Swiss Open nach Crans kamen und zum Teil die 120 Franken Startgeld nicht bezahlen konnten. Da blieb ihnen nichts anderes übrig als sich als Caddie bei ihren Kollegen zu verdingen. Bei der Amateur-Team-EM 1971 in Lausanne war ich Medienchef und überglücklich, dass ein Fernsehteam eine Reportage über das Turnier drehte. Aber während ich im Off-Kommentar sagte, dass der Schweizer Golfsport im Begriff sei, populär zu werden, filmte die Kamera die Luxusautos auf dem Parkplatz …
Es war also ein Dauerthema, wie übrigens auch die Umweltfrage ...
Die ökologischen «Aktivisten», die im Mai auf mehreren Westschweizer Golfplätzen Vandalenakte begangen haben, erinnert an eine Polemik aus dem Jahr 1975, als der Berner Jost Krippendorf, der erste Professor für Ökologie an einer Schweizer Universität, und zwar in Bern, behauptete, dass der Bau eines Golfplatzes der Natur mehr schade als das Zubetonieren eines Parkplatzes. Ich antwortete ihm, dass Golfplätze die beste Verteidigung gegen die masslose Expansion in der Baubranche biete. Das Haut-Plateau von Crans-Montana ist ein gutes Beispiel dafür: Fast eine Million Quadratmeter wurden dank des Golfplatzes vor der Bautätigkeit bewahrt. Diese Flächen gehören übrigens rund 100 privaten Eigentümern, die nicht alle «reich» sind. Aber man muss wachsam bleiben. Die Gemeinde Lens hat 2006 zum Beispiel eine Zone von sogenanntem «öffentlichem Interesse» in der Nähe von Loch 2 für den Bau einer Tiefgarage freigegeben. Andererseits wurden dank dem grossartigen Management des Omega European Masters im Laufe der Jahre fast 20 Millionen Franken in die Aufwertung des Golfplatzes investiert, der für die gesamte Region ein unschätzbarer Mehrwert bedeutet. Der Golfsport hat in den Dorfgemeinden Fuss gefasst und Walliser aus allen sozialen Schichten spielen heute Golf in Crans.
Was in Lausanne oder Genf nicht unbedingt der Fall ist?
Sagen wir eher, dass einige grosse Genfer Familien in Cologny ein historisches Anwesen gerettet haben, das sonst zweifellos an Bauherren verkauft worden wäre. In Lausanne gehören 90 Prozent des Golfplatzes der Stadt und der Golfclub zahlt eine jährliche Miete von 250.000 Franken. Fragen wir uns was wäre, wenn es keine Golfplätze gäbe? Anstelle von Parcours und Greens würden wahrscheinlich, soweit das Auge reicht, Wohnblocks oder Luxusvillen mit Swimmingpool entstehen. Im Gegensatz zu einem Golfplatz ist die Betonierung irreversibel. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass die Mitglieder der Golfclubs die Aufwertung der ihnen anvertrauten Grundstücke mit hohen Investitionen finanzieren. Tausende von Bäumen werden gepflanzt und bieten Lebensräume für Flora und Fauna. Der Artenvielfalt ging es in diesen Gebieten noch nie so gut wie heute. Diesbezüglich denke ich mit Wehmut an den wunderschönen Golfplatz von El Prat in der Nähe von Barcelona mit Blick auf das Meer. Er existiert nicht mehr. Dort steht jetzt ein Flughafen …
Was schlagen Sie vor?
Gesellschaftliche Kritik am Golf gab es in der Schweiz schon seit jeher, und ich bin immer noch von den Kämpfen der 1970er Jahre geprägt. Eine offene Debatte kann und muss stattfinden. Aber sie muss «entideologisiert» werden. Ja, beim Greenkeeping werden Maschinen eingesetzt, die mit Benzin betrieben werden, wie übrigens auch in der Landwirtschaft. Ja, die Rasenflächen der Golfplätze verbrauchen Wasser. In Genf und Lausanne ist es reichlich vorhanden und wird durch Wasser aus dem Genfersee ergänzt. Andernorts werden ähnliche Lösungen gefunden. Ja, Golf ist in der Schweiz (noch) kein Volkssport, aber insbesondere dank der Public Golf Organisations ASGI und Migros ist Golf in unserem Land nicht mehr ausschliesslich ein Sport der Oberschicht. Die Zahl der Lizenzierten ist von 4000 in den 1960er Jahren auf aktuell über 100'000 gestiegen. Und die grosse Mehrheit der privaten Golfclubs ist heute für Golferinnen und Golfer mit einer ASGI-Mitgliedschaft oder einer Migros GolfCard zu einem sehr vernünftigen Tagespreis zugänglich, der sicherlich geringer ist als beispielsweise im Skisport.
Sehen Sie Ähnlichkeiten zwischen der Kriegstaktik der alten Griechen und dem Kampf für die Popularität des Golfsports?
Ich habe diese beiden Welten immer klar voneinander getrennt, aber was die Kommunikation angeht, ist es derselbe Kampf: Man muss erklären, was man tut, warum man es tut und dass es für alle offen steht. Sowohl der Golfsport als auch die Universität müssen aus ihrem Elfenbeinturm herausgeholt werden.
Pierre Ducrey
Seine Leidenschaften: Golf und die Antike ...
Pierre Ducrey wurde 1938 geboren und wuchs in Crans-Montana auf, bevor er sein Studium in Lausanne absolvierte. Nach seiner Promotion zum Dr. phil. wurde er zum Professor für Alte Geschichte an der Universität Lausanne ernannt. Von 1987 bis 1995 war er Rektor. Parallel dazu leitete der Liebhaber des griechischen Altertums die Schweizer Schule für Archäologie in Griechenland (1982-2006). Er ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen, insbesondere über den Krieg im antiken Griechenland, und ist Offizier der Ehrenlegion (Frankreich).
Pierre Ducrey ist seit jeher ein begeisterter Golfer. Als Mitglied des Golfclubs Lausanne wurde er Schweizer Juniorenmeister (1956 und 1957) und engagierte sich (als 20-Jähriger!) für die Förderung der Junioren in der Schweiz. Er spielte im Nationalkader (1957-63) und war ASG-Captain der Schweizer Junioren (1958-62).
Im dritten Teil seiner Karriere war er Journalist und Golfhistoriker. Während einem Vierteljahrhundert (1957-82) zeichnete er als verantwortlicher Redakteur für den französischen Teil der Schweizer Golf-Revue und veröffentlichte unter Pseudonym (Bogey, Peter Duncan) Artikel in der Presse. Er veröffentlichte zudem zwei Bücher anlässlich des hundertjährigen Jubiläums des GC Crans (2006) und des GC Lausanne (2021).
... und die Sammlungen
Dank Pierre Ducrey und seiner «Ader» als Historiker verfügt Swiss Golf über ein nahezu vollständiges Archiv. Dazu gehören in erster Linie die Schweizerische Golf-Revue sowie die Negative der fotografischen Sammlungen von Pierre Ducrey (beide von 1957 bis 2002). Pierre Ducrey hat das gesamte Archiv dem Verband vermacht; diese wahre «Goldgrube» wurde digitalisiert und steht Ihnen auf der Website von Swiss Golf zur Verfügung.
Zur Erinnerung: Die Nummern 1 bis 57 der Schweizer Golf-Revue (1950 bis 1957) werden immer noch gesucht. Raten Sie mal, warum? Weil Pierre Ducrey – der 1950 12 Jahre alt war – sie noch nicht sammelte ...