Die Pioniere im Engadin
In St. Moritz begann die Schweizer Golfgeschichte. Das Spiel war im Engadin ab August 1891 das Privileg von reichen Touristen, vor allem aus Grossbritannien, aber auch aus Amerika. Arme Bauernkinder verdienten sich einige Rappen als Caddies. Sogar namhafte Künstler wie Giacometti und Segantini sollen in ihren jungen Jahren für die wohlhabenden englischen Gäste im Engadin die Golftaschen getragen und sich so ein Zubrot verdient haben. Lesen Sie hier, was sich in den ersten 100 Jahren im Schweizer Golf alles verändert hat.
«The Honourable Company of Edinburgh Golfers» veranstaltete im Jahr 1744 das erste mit Quellen belegte Golfturnier der Welt. So gesehen dauerte es noch recht lange, bis sich nach den Schotten auch der Rest der Welt intensiv mit dem schwierigen Spiel und dem kleinen Ball beschäftigte. Mehr als 100 Jahre später gründeten schottische Offiziere im französischen Pau den ersten Platz in Kontinentaleuropa. Er nennt sich offiziell «Pau Golf Club – 1856».
Noch etwas früher exportierten die Briten das Spiel in die USA. In Charleston gründeten 1786 einige Männer den ersten Club, im indischen Kalkutta eröffnete schon 1829 der erste Golfplatz für Männer. Dies 30 Jahre bevor Indien von der britischen Krone offiziell als Kolonie übernommen wurde.
Die Schweiz war zu dieser Zeit, etwas vereinfacht gesagt, ein «armer Bauernstaat» mit wenig Industrie. Die Lebenserwartung lag bei 40 Jahren. 1850 waren mehr als die Hälfte der Menschen in der Landwirtschaft erwerbstätig, nur knapp ein Drittel in der Industrie und im Gewerbe. Bis ins späte 19. Jahrhundert war die Schweiz viel eher ein Auswanderungs- als ein Einwanderungsland. Das änderte sich unter anderem mit dem Bau des Gotthardtunnels. Er wurde 1882 eröffnet.
Für den langsam aufkommenden Tourismus war die Eisenbahn enorm wichtig. Das Schweizer Schienennetz wuchs von den ersten 38 Kilometern im Jahr 1854 allein bis im Jahr 1900 auf fast 3800 Kilometer. Das ist der Hauptteil des aktuellen Netzes von gut 5300 Kilometern. Das Engadin wurde erst spät mit der Eisenbahn erschlossen. Trotzdem gehörte vor allem St. Moritz, dank seinen Heilquellen, zum Ziel der Adligen und Wohlhabenden aus vielen Teilen Europas. So war Geld für mehrere Pioniertaten vorhanden: 1879 erleuchtete das erste elektrische Licht der Schweiz den Speisesaal im St. Moritzer Kulm Hotel, und in St. Moritz verkehrte ab 1896 das erste elektrische Tram. Damit die Kurgäste aus St. Moritz Dorf zur Badekur gelangen konnten, hätten sie sonst einen Fussmarsch von 1,5 Kilometern bewältigen oder eine Kutsche mieten müssen.
Zweifacher Start 1891
1891 war unter anderem das Jahr, in dem die Schweiz erstmals offiziell den 1. August als Nationaltag feierte. 1891 kam zudem mit dem Entlebucher Josef Zemp der erste katholisch Konservative in den Bundesrat und Zermatt wurde mit der Bahn erschlossen.
Zu den Pioniertaten dieser Zeit gehörte natürlich auch «der Bau» des ersten Golfplatzes in der Schweiz. Er erhielt den Namen St. Moritz Golf Club. Damals wurden einfach Kuhwiesen gemäht und mit Löchern versehen. Greens, wie man sie heute kennt, gab es nicht. Erstmals erwähnt wurde der Golfplatz beim heutigen Hotel Palace in St. Moritz am 27. Juni 1891 in der englischsprachigen «Alpine Post», dies mit der Ankündigung, dass der 9-Loch-Platz nach der Heuernte, etwa in der zweiten Juli Woche, bereitstehen soll. Am 1. August folgte ein grosser Artikel (natürlich auf Englisch) unter dem Titel: «Der erste Links in St. Moritz ist bereit. Er soll am Montag, dem 3. August um 10 Uhr eröffnet werden.» Wegen schlechtem Wetter musste der offizielle Turnierstart schliesslich auf den 15. August verschoben werden.
Zuvor wurden in der Lokalzeitung Spiel, Clubregeln und Kosten erklärt: «Der Mitgliederbeitrag beträgt 25 Franken pro Jahr und 15 Franken pro Monat. Für Besucher, die nur kurzzeitig im Engadin verweilen, werden Sonderkonditionen vereinbart. Letztere können für 1 Franken pro Tag oder 5 Franken pro Woche vorübergehend Mitglied werden», hiess es unter anderem. Auch schon damals konnten Schläger gemietet werden: Der ehrenamtliche Schatzmeister (und Hotelier) Conradin von Flugi kam während einer Englandreise mit Golf in Verbindung. Er bot Spoon, Brassie, Mashie oder Niblick für 25 Rappen pro Tag an. Damals hatten die Schläger aus Hickory-Holz noch Namen, nicht wie heute Nummern. Auch sonst hat sich seit den touristischen Anfängen sehr viel verändert.
Im August des gleichen Jahres startete nicht weit weg von St. Moritz auch das Maloja Palace Hotel einen erfolgreichen Versuch, seinen englisch sprechenden Gästen mit Golf etwas Spezielles zu bieten. Der Golfplatz begann mit einem Abschlag über den «Ice Rink» und führte über 9 Löcher zurück zum damaligen Luxushotel Maloja Palace. Der Engländer Oberst Woodward amtete als erster ehrenamtlicher Sekretär des Clubs. Er gehörte 1902 zu den Gründungsvätern des Schweizerischen Golfverbandes.
Deutlich später, ab 1927, wurde der Maloja-Platz auf 18 Löcher erweitert, um nur vier Jahre später, nach der grossen Weltwirtschaftskrise, wieder auf neun Löcher reduziert zu werden. Im Zweiten Weltkrieg diente das Land rund um das Hotel für die Anbauschlacht. Seitdem fliegen auf dem Startgelände des Engadiner Skimarathons keine Golfbälle mehr. Kleines Detail: Politisch und geografisch gehört Maloja nicht zum Engadin, sondern zum Bergell.
Samedan blieb erhalten
Deutlich erfolgreicher war das Projekt auf der anderen Seite von St. Moritz. Die Eröffnung des ersten 18-Loch-Golfplatzes in der Schweiz in Samedan wurde am 14. Juni 1893 in einem Artikel der «The Alpine Post» angekündigt. Unter anderem hiess es in der Zeitung, dass die Gemeinde das nötige Land, nur wenige Gehminuten vom Hotel Bernina entfernt, zur Verfügung gestellt hat. Hotelbesitzer Angelo Fanconi amtete als erster Sekretär und Ansprechpartner für die Gäste.
Die ersten offiziellen Turniere des Engadine Golf Club wurden schon am Dienstag und Mittwoch 1. und 2. August 1893 durchgeführt. Laut dem erwähnten Zeitungsbericht war das Mixed Foursome das wichtigste Turnier. Nach dem Artikel über den Anlass folgten die Ranglisten der verschiedenen ausgetragenen Wettbewerbe. Sekretär Paul Spring gewann das Mixed mit Miss L. Earle. Baron H. von Kaufmann und Fräulein von Kaufmann benötigten nach Abzug des Handicaps 89 Schläge für die Runde und klassierten sich als Letzte. Dabei wurde beim allerersten Turnier im gemischten Vierer nur über neun Löcher gespielt. Aber in der Regel spielten damals Männer und Frauen getrennt. Für das stärkere Geschlecht standen 18 Spielbahnen bereit, für die Frauen waren es am Anfang 9 eigene Löcher. Der «Samedan Ladies Links» wurde später aufgehoben. Der Rest blieb erhalten und so ist Samedan der älteste Golfplatz der Schweiz, der heute noch existiert.
Eine kleine Anekdote: Der St. Moritz Golf Club plante zwei Jahre nach seiner Gründung den Bau eines permanenten Clubhauses. In einem Artikel wird von budgetierten Kosten von 200 Franken berichtet. In der gleichen Ausgabe der «Alpine Post» bietet jemand eine Occasion Fotokamera von Kodak für den genau gleichen Betrag an. Neupreis damals 350 Franken (!). Im Jahresbericht 1893 beziffert der St. Moritz Golf Club die «Members subscriptions» mit 880 Franken. Nochmals fast so viel Geld brachten die Verkäufe von Schlägern und Bällen ein. Am Ende resultierte ein Verlust von 7.35 Franken.
Zum Vergleich: Die einstündige Fahrt in der Kutsche zwischen Samedan und St. Moritz kostete damals 1.50 Franken retour. Bis nach Maloja und zurück waren es 5 Franken pro Person. Wie luxuriös das Reisen war, zeigt ein Vergleich mit den damaligen Löhnen in der Schweiz: Ein Schweizer Textilarbeiter verdiente 1893 laut offiziellen Zahlen 28 Rappen pro Stunde, Frauen kamen auf 22 Rappen. Nur beim damals noch jungen grafischen Gewerbe waren die Stundenlöhne mit fast 60 Rappen deutlich höher als in der Industrie. Und noch ein Detail: Heute kostet die deutlich schnellere Busfahrt auf der gleichen Strecke mit Halbtax etwas mehr als 10 Franken, was den Begriff der Inflation stark relativiert.
Wie erwähnt wurde der erste Golfplatz in der Schweiz beim St. Moritzer Palace aufgegeben. Ab 1898 konnten die Gäste andernorts, im grossen Park des Hotel Kulm, die Schläger schwingen. Dies erneut auf neun Spielbahnen, damals bekannt als St. Moritz New Links. Der Kulm-Platz existierte bis 1964, musste dann weichen und erst ab 2001 stand er, dank der Initiative des St. Moritzer Golfplatzarchitekten Mario Verdieri und dem Geld des Hotel Kulm, wieder zur Verfügung. Als Kurzplatz mit nur 930 Metern reicht es nicht für eine Mitgliedschaft bei Swiss Golf.
Erste Anlagen in der Romandie
Ebenfalls 1898 startete der erste Golf-Club in der Westschweiz. Dies im Genfer Parc des Sports de Charmilles. Trotz prominentem Präsidenten («Eugene Colgate», der Überlieferung nach) und Sekretär Lucien Pictet waren die ersten Jahre offenbar nicht einfach. Im März 1901 meldete der Vizepräsident, nach zwei schwierigen Jahren, einen Bestand von 150 Mitglieder und ein ausgeglichenes Budget. Am 19. Oktober des gleichen Jahres folgte die erste Interclub-Begegnung mit Montreux. Je sechs Spieler traten zum Match an. Die Gastgeber gewannen überlegen, mit total 19 gewonnenen Löchern Vorsprung. Dieser Golfplatz gehörte schon bald zu den nicht mehr existierenden Golfplätzen in der Schweiz.
Der heutige Golf Club de Genève wurde erst im November 1922 gegründet und hat später einmal seinen Standort gewechselt. Weitere Details dazu finden Sie im Kapitel «Die nicht mehr existierenden Golfplätze in der Schweiz».
Der Parcours von Montreux gilt für die Schweizer Golfgeschichte als älteste heute noch existierende Anlage in der Westschweiz. Diese wurde am 27. September 1900 in Aigle, unweit von Montreux, mit einem 9-Loch-Parcours eingeweiht. Auch hier waren die Hoteliers der Region die treibende Kraft. Der englische Pro William Entwistle half beim Platzbau. Danach versuchte er den europäischen Jetset in die Geheimnisse des Golf-Schwungs einzuweihen. Einige Jahre später folgte der Ausbau auf 18 Löcher. Während den zwei Weltkriegen wurde die Anlage jeweils verkleinert. Ein Teil der Spielflächen ging verloren. Erst 1964 baute Architekt Donald Harradine den Platz wieder auf 18 Löcher aus. Ab 2005 zeigte sich der klassische Parkland-Course in einem neuen Design von Ronald Fream. Was unter anderem geblieben ist in all den Jahren: Der Golf de Montreux ist einer der wenigen Plätze in der Schweiz, auf dem in der Regel ganzjährig auf Sommergrüns gespielt werden kann.
Gründung des Verbandes: Vier wichtige Männer
Nur zwei Jahre nach dem offiziellen Golfstart in der Westschweiz trafen sich 1902 vier Männer in Luzern, um die Swiss Golf Association zu gründen. Zwei Engländer und zwei Schweizer waren massgeblich daran beteiligt, dass die wenigen Clubs schon bald eine Vereinigung gründeten. Als Vergleich: «The English Golf Union» entstand mit damals weit über 1000 Clubs erst 1924.
Im ersten Artikel der Swiss Golf Association waren deren Ziele formuliert: Der Zusammenschluss aller Schweizer Clubs, einschliesslich jener, die sich ausserhalb der Schweiz im nahen Grenzgebiet befinden, sowie die Förderung und die Entwicklung des Golfsports und der guten Beziehungen zwischen den Golfern in der Schweiz. Zudem sollten gemeinsame Veranstaltungen, sprich Meisterschaften, durchgeführt werden. Der erste Vorstand bestand aus Präsident Alfred H. Crosfield und seinen drei Vize-Präsidenten: Oberst Woodward, Hotelier Alfred Hoffmann und Hotelier Hans Pfyffer.
Der Direktor und Eigentümer des Hotel National in Luzern war massgeblich am Aufbau des Golfangebots in der Tourismusstadt Luzern beteiligt. Alfred Hoffmann hat auch das 1899 eröffnete Dolder Grand Hotel in Zürich bauen lassen. Es wurde kurze Zeit später mit einem 9-Loch-Platz ergänzt.
Wie erwähnt war Oberst Woodward erster Sekretär im Golfclub Maloja, während sein Landsmann Arthur H. Crosfield dem Vorstand des Engadine Golf Club angehörte. Mr. Crosfield war der Direktor des Familienunternehmens Joseph Crosfield & Sons Ltd., das auf die Herstellung von Seifen und chemischen Produkten spezialisiert war. Von 1906 bis 1910 war er Mitglied des britischen Parlaments und auch Präsident des nationalen Verbandes für Sportplätze. Er widmete den grössten Teil seiner Zeit den Hobbys Bergsteigen, Tennis und Golf. Zudem war er auch Mitglied im Royal and Ancient Golf Club of St Andrews, im Royal Liverpool und in den Clubs von Cannes und Paris.
Die erste offizielle Meisterschaft der jungen Swiss Golf Association wurde 1904 im Engadin durchgeführt. Dies noch im bescheidenen Rahmen, doch hatte Präsident Crosfield für die Männer einen Wanderpokal gestiftet. Im Matchplay kämpften 11 Golfer um den ersten offiziellen Titel. Im Final musste sich der Präsident mit 2&1 gegen John Tarver geschlagen geben. Bei den Frauen war das Feld deutlich kleiner. Hier gewann die Favoritin Lady Margaret Hamilton-Russell im Endspiel gegen Mrs. Moseley gleich mit 8&7. Angesichts der kurzen Vorbereitung sei man mit den Teilnehmerzahlen «sehr zufrieden», hiess es in der Zeitung, die extra einen eigenen Fotografen nach Samedan geschickt hatte.
Auf der nach dem Turnier einberufenen Generalversammlung der Swiss Golf Association wurde der Luzerner Golfclub gebeten, im darauffolgenden Jahr die Meisterschaft zu organisieren. Offiziell Mitglied im Verband waren damals die Clubs Engadine, Luzern, Genf, Montreux, Interlaken und Maloja.
Wegen der grossen Nachfrage seitens der Touristen, eröffnete der Kurverein St. Moritz 1904 einen weiteren 9-Loch Platz im Gebiet von San Gian in der Nähe von Champfèr. Auch er gehört nach diversen Änderungen mittlerweile zur langen Liste der nicht mehr existierenden Golfplätze in der Schweiz.
Weitere Tourismusorte folgen
Insgesamt elf Jahre, also bis 1913, amtierte der Engländer Arthur W. Crosfield als Präsident der jungen Swiss Golf Association. Danach erfolgte wegen des Ersten Weltkrieges eine erste tiefe Zäsur im Schweizer Golfsport. Das betraf die damals jungen Clubs von Axenfels, Luzern, Interlaken und St. Moritz San Gian, die ab 1909 den Spielbetrieb aufgenommen hatten. Wegen des Krieges mussten sie bald darauf ganz oder vorübergehend schliessen.
In der Zentralschweiz starteten die golfspielenden Gäste ab 1903 auf dem Sonnenberg bei Kriens. Herbert March, der die Wintersaison als Golflehrer in Cannes verbrachte, war der Hauptverantwortliche. Bis zum ersten Weltkrieg verfügte der Platz nur über neun Löcher. 1915 wurde er ganz geschlossen. Später diente das nahe Luxushotel Sonnenberg unter anderem als Internierungslager.
Ab 1920 nahm der Club dank der Initiative von Hans Pfyffer von Altishofen seine Aktivitäten wieder auf, dies auf dem neu erbauten Platz im nahen Dietschiberg. Der Golf Club Luzern gilt mit dem offiziellem Gründungsjahr 1903 als Ältester in der Zentralschweiz.
Die Anlagen in Axenfels oberhalb von Brunnen am Vierwaldstättersee sind mehrfach umgestaltet worden. Sie sind später wieder verschwunden. In anderen Tourismus-orten wie Interlaken oder Bad Ragaz stehen die heutigen Golfplätze nicht mehr dort, wo sie einst gebaut wurden.
Der erste 18-Loch-Parcours im Kanton Bern wurde bereits am 22. Juni 1904 im Tourismusort Interlaken eröffnet. Die Burgergemeinde verpachtete das nötige Land in der «Neuen Ey» für 4000 Franken pro Jahr. Das reichte für einen Platz mit einer Gesamtlänge von 6,3 Kilometern. Den ersten Vorstand präsidierte der Stammgast von Interlaken, Baron Kammerherr von Roeder. Als Honorary Secretary amtete der amerikanische Golfberater Howard Copland. Schon einen Monat nach der Eröffnung wurde auf der «Neuen Ey» der erste internationale Golfwettkampf durchgeführt. Drei Jahre später fand in Interlaken unter anderen auch das erste «Championat International Suisse Messieurs» statt. Die Kurhausgesellschaft Interlaken war die wichtigste Geldgeberin und betrieb den Golfplatz zunächst selbst. Nach fünf Jahren, und offenbar heftigen Diskussionen, übernahm der Hotelverein Interlaken die Golfanlage. Als bald danach der Erste Weltkrieg ausbrach, und damit auch in Interlaken die Touristen fehlten, endete der erste Teil der Berner Golfgeschichte schon nach gut 10 Jahren. Erst an Pfingsten 1965 startete der heutige Golfclub Interlaken-Unterseen seinen Betrieb am heutigen Standort, am Ufer des Thunersees.
In Bad Ragaz konnten die Gäste auf der Durchreise ins Engadin ab 1905 im Gebiet «Heulöser» auf neun Löchern spielen. Das erste Clubhaus wurde am 1. April 1905 offiziell eingeweiht. Bis 1942 genossen die Touristen die Anlage. Dann wurde das Land für die Anbauschlacht benötigt und erst 1958 fand die offizielle Eröffnung einer neuen 9-Loch-Anlage im Gebiet Giessenpark statt. Das Geld kam direkt vom Grand Resort Bad Ragaz, das den Golfplatz bis heute betreibt.
Anekdotische Zahlen: Die offiziellen Baukosten für den Golfplatz beliefen sich damals auf 165’713.05. Ein erstes Betriebsbudget rechnete mit jährlichen Ausgaben von 43’511 Franken und einem von den Kuranstalten zu deckenden Defizit von 19’011 Franken. Bad Ragaz ist mittlerweile der einzige 18-Loch-Platz der Schweiz, welcher direkt von einem Hotel betrieben wird.
Das Aushängeschild im Wallis
Nicht ganz so lang war der kriegsbedingte Unterbruch in Crans-Montana, dem Ort oberhalb Sierre, der im Verlaufe der Jahre zum wichtigsten internationalen Aushängeschild für den Schweizer Golfsport wurde. Die Zeitschrift «Golf Illustrated» schrieb schon kurz nach der Platzeröffnung 1907 euphorisch: «Es gibt keinen Zweifel: Montana ist dazu bestimmt, in kürzester Zeit das St Andrews der Schweiz zu werden.» Der alte Vergleich mag etwas hinken, doch dank dem Omega European Masters bietet der Platz hoch über dem Rhônetal einmal pro Jahre spektakuläre TV-Bilder und lockt so neue Golferinnen und Golfer an.
Auch im Wallis war der erste Golfplatz der Initiative verschiedener Hoteliers zu verdanken, unter anderem Henry Lunn, dem Eigentümer des Hotel Palace. Die ersten neun Löcher konnten 1906 eröffnet werden und neun weitere waren ab 1908 bespielbar. Der von William Freemantle entworfene Platz verschwand wieder wegen des Ersten Weltkrieges. Ab dem Jahr 1921 legten Elysée und Albert Bonvin, die Besitzer des Golf Hotels und des Beau-Séjour, für ihre Gäste einen 9-Loch-Platz an. Die Pros waren Charles Antille und Antoine Duplan, wahrscheinlich die ersten Schweizer, die je diesen Beruf ausübten.
Der heutige Golf Club Crans-sur-Sierre wurde 1924 gegründet. Vier Jahre später konnte die Golfanlage «Plan Bramois» am aktuellen Standort eröffnet werden. Schon bald danach wurde der englische Architekt Harry Nicholson beauftragt, den Platz zu verbessern. Er baute zahlreiche Greens um und legte mehrere Bunker neu an. Dieses Design blieb bis 1997 praktisch unverändert.
Erst seit dem Omega European Masters 2002 erhielt der von Severiano Ballesteros umgebaute Platz offiziell dessen berühmten Namen. Seither sind viele weitere Millionen in die stetige Verbesserung des Turnierplatzes investiert worden. Entscheidend beteiligt am Erfolg in Crans war Gaston Barras. Ab 1964 amtete er als OK-Präsident des Turniers. Seit 1981 bis zu seinem Tod im März 2021 war er Präsident des Golfclubs Crans-sur-Sierre, dazwischen von 1991 bis 1997 auch noch Präsident des Schweizer Golfverbandes.
Kinder und Bauern als Caddies
Wie damals üblich, hatte Gaston Barras seine Golfkarriere als Caddie begonnen. Über die Rolle der Taschenträger finden sich in den historischen Quellen nur wenige Hinweise. Sie waren schlichtweg «normal» und kaum erwähnenswert. «Die Caddies, meist Bauern, die ich beobachten konnte, sind sehr geschickt und verstehen es, den Ball in den schwierigsten Situationen unter Kontrolle zu behalten. Ich glaube, wenn man ihnen die Chance geben würde, auf einem unserer Plätze zu spielen, würden sie sogar die Schotten in den Schatten stellen», schrieb der Schotte Graham Hutchison im August 1930 in «Golf Illustrated». Die Chance nach Schottland zu reisen, blieb jedoch für die allermeisten Caddies ein grosser Traum. In einigen Clubs (zum Beispiel in Gstaad) wurde den Caddies mit Stockschlägen gedroht, sollten sie selbst spielen wollen. Andere Clubs wiederum förderten die teilweise jungen Burschen.
Allerdings wollte man mit dem zusätzlich bezahlten Trinkgeld «vernünftig» umgehen. In einem Protokoll des Golfclubs Interlaken aus den Sechzigerjahren hiess es: «Um einen Missbrauch bei Trinkgeldern an die Caddies entgegenzutreten, wird empfohlen für 9 Holes 50 Rappen und für 18 Holes 1 Franken zusätzlich zu zahlen.» Später sind die Taschenträger durch die Golf-Trolleys und E-Trolleys ersetzt worden.
Der Golfclub Dolder Zürich war zuletzt der Einzige, der sich noch eine (kleine) Crew von Caddies leistete: «Meist junge Burschen aus der Umgebung, die sich ein Taschengeld verdienen wollen, indem sie die Golfwagen der Mitglieder über den Platz ziehen, Schläger reichen, Schläger putzen, Bunker rechen und Pitchmarks ausbessern und Linien lesen. Letzteres allerdings eher selten, die Mitglieder kennen «ihre» Grüns und tragen ihnen Sorge – nur selten findet man einen Platz, auf dem Pitchmarks so rigoros repariert werden wie hier», schrieb die NZZ im Juli 2013, weit mehr als 100 Jahre nach dem Start des Golfspiels über den Dächern von Zürich.
Der Golfclub Dolder Zürich trat dem Verband offiziell 1907 bei. Einige Jahre später schrieb der erste Präsident der Swiss Golf Association über den ersten Club in Zürich: «Dieser Club, der seine Existenz der Energie und der Aufopferung seines Präsidenten, des hervorragenden Golfers und Sportlers Alfred Hoffmann, verdankt, (tatkräftig unterstützt vom beliebten amerikanischen Konsul Mansfield), kann sich rühmen, der erste Golfclub der Schweiz zu sein, in dem die Mehrheit der Mitglieder Schweizer Staatsbürger sind.» Dagegen wirkt der einzige historische Eintrag auf der Homepage des Clubs ziemlich nüchtern: «1907 wurde der Dolder Golfclub Zürich gegründet und ist damit einer der ältesten Golfclubs der Schweiz.»
Gleichzeitig ist er heute einer der wenigen Plätze in der Schweiz, die über keine eigene Driving Range verfügen. Die speziellen Übungsplätze wurden erstmals 1915 in New York eingeführt. Auch in Grossbritannien verfügen heute noch viele alte Golfplätze nicht über eine eigene Driving Range. Wer in der Schweiz die erste Driving Range betrieben hat, lässt sich nicht eruieren. Klar ist: Aktuell bieten 95 der 100 Golfanlagen von Swiss Golf solche Übungsanlagen an. Dazu kommt eine beachtliche Anzahl von Driving Ranges, die unabhängig von den Clubs in der ganzen Schweiz betrieben werden.
Gut dokumentiert waren von Anfang die offiziellen Tarife für die Taschenträger. In St. Moritz etwa lagen sie 1896 bei 75 Rappen für den 18-Loch-Parcours und bei 50 Rappen für 12 Löcher. Im gleichen Jahr veröffentlicht «The Alpine Post» die Saisonbeiträge: «Gentlemen and Married Ladies» zahlten 20 Franken, «Unmarried Ladies» 15 Franken. Ebenfalls erwähnenswert: «Tea will be served every afternoon after 4 o’clock.»
Damals waren wochenlange Aufenthalte illustrer Gäste in einschlägigen Tourismuszentren wie in Graubünden oder in der Innerschweiz eher die Regel als die Ausnahme. Entsprechend froh waren die Gäste, Freizeitbeschäftigungen aller Art vorzufinden. Im Winter Skifahren, Schlittenfahrten und Konzerte in den Kursälen der Nobelorte. Zusätzlich gab es immer wieder skurrile Aktionen: In Flims und Maloja wurde beispielsweise im Wald ein Casino gebaut. Bald fehlten allerdings die zahlenden Gäste.
Aus der Phase des rein touristischen Golfspielens in den Schweizer Ferienorten bis zum Ersten Weltkrieg sind nur noch gerade sechs Clubs bis heute dem Verband erhalten geblieben: Dolder, Crans-sur-Sierre, Bad Ragaz, Luzern, Montreux und Engadine. Alle anderen Plätze sind später wieder verschwunden, respektive anders genutzt worden.
Siehe Kapitel «Nicht mehr existierende Golfplätze in der Schweiz»
Namensänderungen des Golfverbandes
Trotzdem geschah damals bei der Swiss Golf Association recht viel. Da jeder Club ein Recht auf einen Platz als Vizepräsident im Komitee hatte, gab es 1910 nicht weniger als 14 Vizepräsidenten. Das war offenbar nicht zu viel. Laut Protokoll sollte die Zahl der Vizepräsidenten damals auf 28 beschränkt sein. Während der gleichen Generalversammlung vom 16. August 1910 stimmten die Delegierten dem Vorschlag zu, den Verband in «Swiss & Central European Golf Association (SCEGA)» umzutaufen. Der neue Name änderte nichts an den Strukturen. Kein Wort weist auf die Gründe für diese Erweiterung des Verbandes hin. Wahrscheinlich wurde die Namensänderung vorgenommen, um befreundete Clubs aus dem nahen Ausland aufnehmen zu können, wie den Golfclub Menaggio am Comersee und den Golfclub Villa d’Este, der an der Versammlung sogar vertreten war. Ein Jahr später stand die Frage im Raum, ob Amateurmeisterschaften künftig auch ausserhalb der Schweizer Grenzen ausgetragen werden könnten. Aus den Diskussionen resultierte offenbar nichts Nachweisbares.
Drei Jahre später sind die Worte «Central European» schon wieder aus allen Dokumenten verschwunden, und die Rede war vom Schweizerischen Golfverband, der «Association Suisse de Golf» oder kurz der ASG.
Der Erste Weltkrieg
Mit der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajewo am 28. Juni 1914 begann der Erste Weltkrieg. Genau einen Monat später erklärte Österreich-Ungarn Serbien offiziell den Krieg. Es war der Auftakt zu einer jahrelangen, blutigen Auseinandersetzung, der fast 10 Millionen Soldaten und rund 7 Millionen Zivilisten zum Opfer fielen. 20 Millionen Soldaten wurden verwundet und trugen teils schwerste Verletzungen davon.
Das Attentat und seine Folgen veränderten das Leben auch in der Schweiz dramatisch. Unser Land mobilisierte seine Soldaten am 2. August 1914, und am Tag darauf wurde die Schweizer Neutralität ausgerufen. Alle Männer zwischen 20 und 48 Jahren mussten in den Wehrdienst.