«Die Migros GolfCard unter dem Dach von Swiss Golf ist eine Erfolgsgeschichte»
Die Einführung der Migros GolfCard hat die Schweizer Golfszene 2008 entscheidend verändert. Martin Kessler, der damalige Präsident des Golfverbandes, sowie Thomas Schmutz und Thomas Busin, die zu dieser Zeit bei der Migros leitende Funktionen im Golfgeschäft hatten, blicken im Gespräch auf die Entstehung der Karte zurück. Sie erzählen von turbulenten Zeiten und schwierigen Sitzungen, von Ängsten und Bedenken, Verhandlungen und Entwicklungen – und davon, wie es in jahrelangen Diskussionen gelungen ist, alle beteiligten Parteien zu überzeugen.
Gesprächsleitung: Fabian Ruch
Martin Kessler, Thomas Schmutz und Thomas Busin, herzlichen Dank für dieses Gespräch. Wir möchten mit Ihnen darüber reden, wie es zur Entstehung der Migros GolfCard Anfang 2008 kam. Was waren damals zwischen 2004 und 2008 Ihre Rollen?
Martin Kessler: Ich wurde 2004 überraschend und relativ kurzfristig Präsident des Schweizer Golfverbandes, nachdem mein Vorgänger Mario Zürrer gestorben war.
Thomas Schmutz: Mein Job war damals, als Leiter der Koordinationsstelle Klubschule/Freizeitanlagen die Anliegen der Migros übergeordnet von den zehn regionalen Genossenschaften zu betreuen. Es war eine intensive Reorganisationszeit im Golfsport von einer eher exklusiven, elitären Szene hin zu einer öffentlichen Sportart. Gleichzeitig war es für die Migros wichtig, unserer Kundschaft neben den Golfparks und der langjährigen Ausbildung vieler Golferinnen und Golfer auch eine Möglichkeit zu geben, tiefer in den Golfsport einzutauchen. Darum wollten wir 2004 diese GolfCard lancieren.
Thomas Busin: Und ich arbeitete ebenfalls für die Migros in der Genossenschaft Zürich, einer von zehn regionalen Genossenschaften des Unternehmens. Dort war es unter anderem meine Aufgabe, das Dossier Freizeitanlagen zu führen. Da ging es natürlich auch um Golf. Die Migros hatte seit Mitte der Neunzigerjahre mehrere Golfanlagen eröffnet und damit riesigen Erfolg gehabt. Nun ging es darum, den nächsten Schritt in der Entwicklung zu gehen. Und diese Karte war natürlich eine tolle Idee, um stärker in den Golfsport einzusteigen.
Martin Kessler: Beim Verband, der damals noch ASG hiess und nicht Swiss Golf, waren sich nicht alle bewusst, wie gross und wichtig die Migros geworden war. Auf deren Anlagen wurden jedes Jahr viele neue Golferinnen und Golfer ausgebildet, die auf den Markt drängten. Es war ein riesiges Spannungsfeld, auch bei uns im Vorstand, wir waren uns vorerst gar nicht einig. Und erst recht nicht im Dialog mit der Migros sowie der ASGI, die bereits eine Karte hatte und sich sehr energisch und leidenschaftlich für ihre Belange einsetzten.
Wie sahen Sie damals die Aufgabe des Verbandes?
Martin Kessler: Wir waren dazu verpflichtet, die Rechte unserer Mitglieder zu wahren. Und das waren die Clubs. Die statutarische Aufgabe des Golfverbandes ist aber die Förderung und Überwachung des gesamten Schweizerischen Golfsports, sowohl des Clubgolfs als auch des clubfreien Golfs. Das war eine Herausforderung. Die Migros hatte zuvor einen ausgezeichneten Job gemacht und im Grunde genommen in dieser Beziehung eine sehr positive Geschichte geschrieben. Dank der Migros gab es viele neue Spielerinnen und Spieler. Sie müssen sich vorstellen, dass das vor zwanzig Jahren war, damals herrschte teilweise noch ein anderes, aus heutiger Sicht veraltetes Denken. In vielen Clubs herrschte die Meinung, dass man clubfreie Golferinnen und Golfer nicht auf den eigenen Plätzen wollte. Man musste also Widerstände überwinden, zahlreiche Gespräche führen und die Menschen davon überzeugen, dass sich der Zeitgeist und die Gesellschaft verändert haben.
Thomas Schmutz: Genau, viele neue Golferinnen und Golfer wollten oder konnten damals nicht in einen Club gehen. Das war einigen zu teuer, andere wollten Abwechslung, das Freizeitverhalten hatte sich komplett verändert. Wir reden hier über Dinge, die 2024 selbstverständlich sind. Und die Migros GolfCard gab diesen Menschen die Möglichkeit, flexibel zu bleiben. Das sprach natürlich auch jüngere Spielerinnen und Spieler stark an.
Thomas Busin: Wir spürten bei der Migros, dass wir etwas machen mussten, um diesen Tausenden von neuen Golfenden eine gute Option zu bieten, nicht nur auf unseren Plätzen zu spielen. Das war unbestritten. Und natürlich gab es dabei Überlegungen, eigene Pläne in die Tat umzusetzen, wenn es mit einer Zusammenarbeit mit dem Golfverband nicht geklappt hätte. Ich erinnere mich an interne Sitzungen unter allen Genossenschaften, an denen wilde Ideen und Konzepte diskutiert wurden.
Martin Kessler: Ich spürte, dass das im Hinblick auf die Zukunft des Golfsports in der Schweiz eine wegweisende Sache für den Golfverband ist. Wir konnten es uns nicht erlauben, die Golferinnen und Golfer der Migros zu verlieren. In den Jahren vorher waren viele neue Plätze entstanden, es war ein regelrechter Boom ums Golfen, auch dank der Migros. Diesen Trend mussten wir nutzen. Die Migros kooperierte mit dem Schweizer Golfverband von Anfang an, so gab es auf jedem öffentlich zugänglichen Golfpark auch einen Migros-Golfclub, der Mitglied unseres Verbandes war. Mir war klar: Wenn wir uns mit der Migros nicht einigen würden, hätte das weitreichende Folgen. Für den Golfverband, für die Golferinnen und Golfer, für den gesamten Schweizer Golfsport. Letztlich also für alle. Aber mir ging es als Präsident auch um die Interessen des Verbandes. Und was mir auch wichtig zu betonen ist: Die Migros spielte immer fair, ich spürte Vertrauen und das Bestreben, eine Lösung zu finden im Sinne aller Parteien. Bei der ASGI war es komplizierter, darum war es für mich auch lange Zeit ziemlich herausfordernd.
Wie meinen Sie das genau?
Martin Kessler: Nun ja, bei der ASGI arbeiteten Menschen mit viel Herzblut und Durchsetzungsvermögen. Pascal Germanier, der Generalsekretär der ASGI seit der Gründung 1998, war ein Visionär, aber er hatte auch eine hartnäckige Seite, um es einmal so zu sagen. Das waren intensive Verhandlungen und Gespräche. Er wird zu Recht als «Mister ASGI» bezeichnet. Damals fürchtete er logischerweise, dass die Migros zu gross und stark werden würde, und setzte sich mit aller Kraft für die ASGI ein. Und er hatte natürlich starke Verbündete, weil er ein grandioser Netzwerker ist.
Thomas Busin: Er war wirklich begnadet darin, Allianzen zu schmieden. Sogar bei der Migros hatte er ausgezeichnete Kontakte. Sie sehen also, dass das eine spannende Zeit war mit einigen starken Figuren, die darum kämpften, mehr Einfluss zu erhalten. Ich dachte immer, dass es eigentlich schade ist, gibt es derart viele Probleme, weil sich am Ende doch alle für den Golfsport stark machen.
Martin Kessler: Das war es auch, was ich den Leuten im Verband immer wieder sagte. Ich wollte Ängste vor der Migros abbauen, weil der gesamte Golf ja nur davon profitieren konnte, wenn sich ein so bedeutendes Unternehmen für unseren Sport einsetzt. Heute dürfen wir sagen: Die Migros GolfCard unter dem Dach von Swiss Golf ist eine Erfolgsgeschichte, in jeder Beziehung. Aber der Weg bis zur Unterschrift der Verträge Ende 2007 und Anfang 2008 mit der ASGI und mit der Migros war wirklich etwas vom Kompliziertesten, was ich in meiner langen Berufskarriere erlebt habe.
Thomas Schmutz, wie interpretierten Sie Ihre Aufgabe?
Thomas Schmutz: Ich war kein Golfer, womöglich war das ein Vorteil, weil ich nicht mit Emotionen dabei war und die Sache quasi von aussen analysierte. Mir fiel auf, wie stark die Ängste waren, dass die Qualität des Golfsports sinken würde, wenn man all die Golferinnen und Golfer der Migros auf die Plätze lassen würde. Da ging es um Themen wie Spielstärke, Etikette, Kleider und vieles mehr. Martin war nur zu Beginn ein wenig zurückhaltend, dann aber bald sehr kooperativ, weil er realisierte, um was es ging. Golf war damals schon noch deutlich elitärer und auch exklusiver als heute. Da galt es, Barrieren zu brechen und Vertrauen aufzubauen. Das war die Grundlage für die weiteren Verhandlungen. Zugleich musste ich intern bei uns auch immer wieder Leute beruhigen, die radikaler und schneller vorgehen wollten, weil sie nicht verstanden, wie ablehnend einige im Golf auf die Migros reagierten. Und ja, die ASGI hatte eine spezielle Rolle. Sie sahen uns als Konkurrenz, was wir ja auch waren. In den Sitzungen mit Pascal Germanier realisierte ich, wie hart und konsequent er sich für die ASGI einsetzte. Für mich war das kein Problem. Im Gegenteil: Ich respektierte das, es war aus seiner Sicht verständlich.
Wie populär war denn der Golfsport damals in der Migros?
Thomas Schmutz: Das ist ein zentraler Punkt. Am Anfang, also in den Neunzigerjahren, als die ersten Anlagen entstanden, dachten viele bei uns, dass das keine gute Idee sei. Migros und Golf? Das passt doch nicht zusammen! Aber der Erfolg der Betriebe, die hohe Auslastung, die vielen Kurse, zeigten bald, dass das funktioniert. Und wir legten bei der Migros immer sehr viel Wert darauf, dass die Anfängerinnen und Anfänger bei uns ausgezeichnet ausgebildet wurden. Darum waren die Prüfungen auch sehr streng. Golferinnen und Golfer der Migros waren deshalb gut qualifiziert, wenn sie die Erlaubnis erhielten, auf 18-Loch-Plätzen zu spielen.
Thomas Busin: Vielleicht lohnt es sich, kurz die Geschichte der Migros-Klubschulen zu beleuchten, die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurden. Damals ging es um Sprachen, aber bald bot die Migros in vielen Bereichen Kurse an. Später kamen die Freizeitaktivitäten dazu. Etwas ironisch wurde das Motto herumgeboten: «Bastle dich frei». Mit der Zeit wurden die Freizeitangebote immer wichtiger, man erinnere sich an den Fitnessboom in den Achtzigerjahren, an Aerobic und Jane Fonda. Die Migros erkannte Trends, konnte im ganzen Land wachsen und immer mehr Bereiche abdecken. Wir eröffneten überall Fitnesscenter, waren in vielen Sportarten tätig, es gab sogar eine Alternative zum Vita Parcours, den Migros Parcours. So ging das immer weiter. Und etwas war immer klar: Wenn die Migros etwas macht und investiert, dann richtig und mit voller Kraft. So war das auch beim Golf.
Thomas Schmutz: Aber natürlich gab es diese Vorbehalte gegen den Golfsport. Weil aber Eugen Hunziker und Jules Kyburz, die früheren Präsidenten der Generaldirektion des Migros-Genossenschaften-Bundes immer noch sehr einflussreich bei der Migros waren, selbst Golf spielten und das Projekt pushten, ging es schnell vorwärts. Elementar war wie immer, dass die Migros den Menschen etwas bieten wollte, darum wurde so viel in die Ausbildung investiert.
Thomas Busin: Ich darf an dieser Stelle eine lustige Anekdote erzählen. Anfang der Neunzigerjahre wollte eine sehr prominente Migros-Führungsfigur einem renommierten Golf-Privatclub im Raum Zürich beitreten…
… wer war das und welcher Klub?
Thomas Busin: Das ist mir soeben entfallen (lacht). Und das spielt auch keine Rolle. Dieser Club wollte aber keine neuen Mitglieder aufnehmen, obwohl nur etwa 300 Menschen als Mitglieder registriert waren. Diese arrogante Haltung ärgerte den Mann sehr. Also sagte er sich: «Dann machen wir selbst etwas!» So war das oft bei der Migros: Wenn schon, denn schon! Und: Wenn die nicht mit uns wollen, dann gehen wir das halt gleich selbst an! Denken Sie an Jowa oder die Schoggifabriken und viele weitere Beispiele.
In welchem Verhältnis standen Sie drei zueinander?
Thomas Busin: Witzigerweise wohnten wir alle fast am gleichen Ort, im Raum Zumikon. Wir verstanden uns sofort gut. Ich erinnere mich gerne an unsere Sitzungen, da wurde lebhaft, aber konstruktiv debattiert. Bei der Migros merkten wir bald, dass die ASGI gerade in der Romandie sehr stark vernetzt war. Ich denke heute, dass es entscheidend war, dass wir vor allem mit Martin eine persönliche Beziehung aufbauen konnten, die von Vertrauen und Ehrlichkeit geprägt war. Sonst würde wohl heute noch gestritten werden. Oder die Migros hätte zum Beispiel mit dem luxemburgischen Golfverband oder so eine Karte gemacht. Das hätte rechtlich alles sehr kompliziert und unübersichtlich werden können.
Martin Kessler: Absolut. Die Migros war sehr stark und wäre eigene Wege gegangen. Das mussten wir vermeiden. Und das ging nur, wenn wir unsere Mitglieder, die Schweizer Golfclubs, davon überzeugen konnten. Interessanterweise ging es dann doch relativ schnell, bis die Clubs realisierten, dass die neuen Golferinnen und Golfer nicht in erster Linie eine Gefahr sind und ihnen Platz wegnehmen. Sondern dass sie eine perfekte Ergänzung sein können, weil sie Greenfees lösten und damit finanziell interessant waren. Jüngere Menschen wollten sich damals nicht in einen Club einkaufen, aber sie wollten Golf spielen. Wann und wo sie eben Lust und Zeit hatten. Hört sich heute normal und logisch an, aber damals war das eine grosse, kontroverse Diskussion.
Thomas Busin: Wir reden von den Jahren 2004 bis 2008, und damals gab es neben dem Verband und den Clubs nur die ASGI, die auch erst ein paar Jahre vorher gegründet worden war. Es ging für uns also darum, dass es eine weitere national und auch international anerkannte Handicapkarte gab. Es gab damals einen ziemlichen Wildwuchs, weil es im Ausland möglich war, innerhalb einer Woche sein Handicap zu bekommen. Ich weiss noch genau, wie ärgerlich das war, weil diese Leute dann mit irgendwelchen seltsamen Karten auf Schweizer Golfplätzen erschienen und spielen wollten. In Österreich, in Spanien, im Bundesland Bayern und anderen Regionen hatten und haben sich leider heute noch Clubs darauf spezialisiert, Schweizerinnen und Schweizer in einer Art Schnellbleiche ein Handicap zu garantieren. Auch darum war die Migros so wichtig, weil bei uns die Ausbildung immer erstklassig war.
Thomas Schmutz: Und es war ja klar, dass wir nicht wollten, dass diese Leute dann zur ASGI gingen, um eine Karte zu lösen. Also war es unser Wunsch, eine eigene Karte zu lancieren.
Martin Kessler: Voilà! So war die Lage. Und so gingen die Gespräche los.
Wer hatte bei der Migros eigentlich die Idee einer GolfCard?
Thomas Busin: Wahrscheinlich wie immer Roger Schawinski (lacht). Ernsthaft: Es war ein Zusammenspiel vieler Beteiligten. Jede Genossenschaft, ob Luzern, Zürich, Ostschweiz oder Aare, hatte Ideen. Wir entwickelten diese gemeinsam weiter. Uns war es immer wichtig, mit dem Golfverband eine gute Lösung zu finden. Einige bei der Migros liebäugelten stärker als andere aber auch mit dem Gedanken, sonst halt im Ausland einen Verband zu finden. Dann wäre die Situation endgültig eskaliert. Darum mussten auch wir intern und extern sehr sorgfältig vorgehen.
Martin Kessler: Wir reden hier über einen längeren Zeitraum, das waren mehrere Jahre. Die ASGI war zu Beginn herausfordernd, weil sie wie gesagt überhaupt keine Freude an der Migros hatte. Beim Verband setzte sich zum Glück irgendwann die Erkenntnis durch, dass wir mit beiden starken Partnern eine Einigung finden müssen. Sonst wären uns Tausende Golferinnen und Golfer verloren gegangen. Das wäre nicht nur in Sachen Finanzen und Prestige ein Desaster gewesen. Was man aber nicht vergessen darf: Es gab in dieser Zeit auch andere Interessenten, die eine Karte herausgeben wollten. Menschen, die sich im Golf engagierten. Und hier mussten wir präzis und klar vorgehen. Wir legten strenge Akkreditierungskriterien für die Organisationen des öffentlichen Golfs fest. Für den Verband kamen primär die Migros und die ASGI als mögliche Verwalter von Handicaps in Frage. Sonst wäre es noch erheblich schwieriger geworden. Das war ein langer Prozess, bei dem wir teilweise Grenzen ritzten.
Inwiefern?
Martin Kessler: Die potenziellen Partner mussten sich zum Beispiel schon um den Golfsport verdient gemacht haben, das war uns wichtig. Es konnte nicht sein, dass irgendeiner kommt und von den bestehenden Strukturen, die auch die ASGI und die Migros aufgebaut hatten, einfach nur profitiert. Denn das Geschäftsmodell der Golfkarten war sehr gut und smart, weil allen klar war, dass das die Zukunft des Schweizerischen Golfsports stark beeinflussen wird. Heute sind ja rund 40 Prozent aller Golferinnen und Golfer in den zwei Vereinigungen vertreten. Ein Jekami, insbesondere bei der Handicapverwaltung, das wollten wir schon damals nicht. Wir definierten also auch eine minimale Grösse der möglichen Partner.
Spürten die ASGI und die Migros dieses Vertrauen des Verbandes?
Martin Kessler: Das hatte ich nicht immer das Gefühl (schmunzelt). Noch einmal: Für die ASGI war das eine Bedrohung, die Migros war und ist ein grosser Player. Ein Streitpunkt war, dass die ASGI zeitweise forderte, alle Golferinnen und Golfer zu den gleichen Bedingungen spielen zu lassen. Wir waren aber der Meinung, dass die Clubs als Eigentümer und Besitzer ihrer Anlagen die Regeln selbst definieren konnten, wer auf ihren Plätzen, wann und zu welchen Preisen spielen darf. Die Clubs sind unsere Mitglieder, wie es heute auch die ASGI und die Migros sind. Ich muss aber zugeben, dass ich damals auch nicht abschätzen konnte, wie sich diese Konstellation entwickeln würde. Es existierten in den Clubs teilweise noch lange Wartelisten. Mittlerweile ist aber längst klar, dass die clubfreien Spielerinnen und Spieler in den allermeisten Clubs gern gesehene Gäste sind.
Was hatte das für Auswirkungen?
Martin Kessler: Ich war immer ein begeisterter Golfer, das bin ich heute noch. Und ich war selbst ein Leistungssportler gewesen und hatte mich im Vorstand des Verbandes ab 1997 deshalb wie heute Thomas Busin um das Dossier Spitzengolf gekümmert. Dort fühlte ich mich zu Hause. Zudem hatte ich meine eigene Firma, aber war auf einmal in der Frage der Organisation des clubfreien Golfs in der Schweiz sehr gefordert. Ich realisierte nicht, was auf mich zukommt. Im Nachhinein bin ich froh, weil das eine spannende Erfahrung war, und wir die Weichen in eine erfolgreiche Zukunft stellen konnten. Aber wenn ich vor der Wahl gewusst hätte, was mich erwartet, weiss ich nicht, ob ich mich zur Verfügung gestellt hätte. Der Druck der Clubs war hoch, einige meinten sogar, wir als Verband müssten in der neuen Ausrichtung finanzielle Hilfe leisten. Als die Verträge mit der ASGI und der Migros dann Ende 2007 bereit lagen, war das eine riesige Erleichterung.
Was war der wichtigste Punkt für Sie?
Martin Kessler: Langfristige Verträge. Sie liefen ja über zehn Jahre. Zudem war wichtig, dass alle Mitglieder von ASGI und von der Migros ebenfalls den Jahresbeitrag von damals 65 Franken an den Verband zu überweisen hatten. Sie können sich selbst ausrechnen, was das für uns bedeutete. Auf einen Schlag hatten wir nicht nur deutlich mehr Golferinnen und Golfer, sondern auch viel mehr Geld, was in erster Linie der Ausbildung zugutekam. Die starken Leistungen unserer besten Spielerinnen und Spieler in den letzten Jahren sind nur möglich, weil wir so gezielt investieren konnten.
Thomas Busin: Das ist tatsächlich eine sehr wertvolle Begleiterscheinung. Als endlich klar war, dass es nur zwei Bewerber gab und wir uns alle mehr oder weniger über die wichtigsten Punkte einig waren, konnten wir die Details definieren. Es ging ja vor allem um die Handicapkarten. Aber eben auch darum, diese lästigen und oft dubiosen Fernmitgliedschaften aus dem Ausland zu unterbinden. Mit den relativ preiswerten Karten von der ASGI und von uns waren dafür beste Bedingungen geschaffen worden. Es ging rechtlich aber auch darum, dass diese Karten im Ausland gültig waren. Es war ein klassisches Duopol, damit kennt sich die Migros aus, denken Sie an die Konkurrenz mit Coop. Das ist ideal, weil zu viele Anbieter für ein Chaos gesorgt hätten.
Thomas Schmutz: Das gesamte Golfsystem profitierte enorm von dieser Lösung. Der Markt funktioniert, es gibt zwar eine Konkurrenz, aber die Voraussetzungen der ASGI sind andere. Das war uns bei der Migros immer bewusst. Für uns war das natürlich nicht im Ansatz existenziell. Es war eine Dienstleistung an die vielen Golferinnen und Golfer in unseren Parks. Wir wollten diese nicht nur möglichst gut ausbilden und ihnen tolle Trainingsmöglichkeiten und schöne Plätze bieten, sondern ihnen auch ermöglichen, den nächsten Schritt zu gehen. Aber uns spielte der Preis der Karte keine so grosse Rolle wie der ASGI, die nur dieses Geschäft betreibt. Also vereinbarten wir, auch intern, eine Minimalhöhe des Preises, damit die ASGI konkurrenzfähig bleibt. Ich glaube, die erste Karte kostete bei uns 240 Franken, jene der ASGI war leicht teurer. Es war aber ein vertretbarer Rahmen.
Wie blickte der Verband Anfang 2008 auf die Einigung?
Martin Kessler: Abgesehen von der erwähnten Erleichterung und der Erkenntnis, dass wir von diesen vielen neuen Golferinnen und Golfer profitieren, waren wir auch froh, den Streit beigelegt zu haben. Ich war Spitzengolfer, und ich schaue immer noch aus dieser Perspektive auf unseren Sport. Mehr Golfer bedeuten mehr bessere Golfer. Das ist eine einfache Gleichung. Und alle waren nun unter dem Dach des nationalen Verbandes, mit einheitlicher Handicapführung. Wir wollten wachsen, breiter aufgestellt sein, näher bei den Menschen, und all das war dank der Zusammenarbeit mit der Migros besser möglich. Ich bin Mitglied im Golfclub Zumikon und verstand auch immer die Bedürfnisse der privaten Clubs. Da sah ich den Verband stets in der Rolle des Vermittlers. Und ich finde, dass Swiss Golf das auch heute gut gelingt.
Wie reagierten denn die privaten Clubs damals auf die Entwicklung?
Martin Kessler: Es gab diese Vorbehalte, die sich hartnäckig hielten. Die Argumentation der Gegner ging eben in diese Richtung, dass es dann viele schlecht ausgebildete Golfhacker haben würde, die auch die Etikette nicht kennen würden. Solche Dinge halt.
Thomas Busin: Das Bild angeblicher Feld-Wald-und-Wiesen-Spieler war stark ausgeprägt. Da mussten wir viele Ängste abbauen. Das dauerte seine Zeit, und ich frage mich heute, wie wir damals diese Geduld aufbrachten. Eine der grössten Errungenschaft des Migros-Golfengagements ist ja eben genau, dass die ausgebildeten Spielerinnen und Spieler kein Sicherheitsrisiko darstellen. Da geht es vor allem um den Pace of Play, also um die Geschwindigkeit auf dem Platz. Es ist ja das grösste Ärgernis, wenn Leute den Betrieb aufhalten. Darum legte die Migros immer grossen Wert auf eine umfassende Ausbildung. Wo stellt man den Trolley rund ums Grün hin? Wie ist man schnell weg? Wie verhält man sich auf dem Fairway? All das und viele weitere Dinge werden in diesen Kursen vorbildlich instruiert. Und das war schon vor zwanzig Jahren so. Es ist wie bei der Fahrprüfung, dort erhält man den Ausweis ja auch erst, wenn man weiss, wie man sich auf der Strasse anständig, sicher und korrekt verhält. Bei der Migros waren und sind die Standards enorm hoch.
Thomas Schmutz: Ich weiss noch, wie akribisch manche Leute im Golf etwa die Tenüvorschriften diskutieren wollten. Da gab es sechs Meinungen von sechs Leuten. Ich wurde teilweise richtig drangsaliert, weil einige fanden, ich würde die Bedeutung dieser Vorschriften nicht hoch genug einschätzen. Dabei ging es immer darum, Kompromisse zu finden. Ich bin seit zwölf Jahren pensioniert, doch ich glaube, dass ich in meinem Berufsleben als Ingenieur stets lösungsorientiert war. Deshalb wurde ich ja auch auf schwierige Fälle angesetzt (lacht). Wie diese Golfsache.
Reagierten Sie als Nichtgolfer manchmal mit Unverständnis auf gewisse Forderungen?
Thomas Schmutz: Ja und nein. In den Gesprächen nicht, weil es da mein Job war, Lösungen zu finden und alle Seiten zu berücksichtigen. Weil ich selbst nicht spielte, tat ich mich aber manchmal schon schwer, wenn die Ansichten zu engstirnig waren. Doch wir mussten alle auf eine Linie bringen. Und ich hatte Verständnis dafür, dass auf den Plätzen Ordnung herrschen musste. Ich war Handballer und hatte einmal Golfkurse belegt, das hatte mir schon auch einen praktischen Einblick in die Szene gegeben. Mein Vorteil war ganz klar, dass ich ohne Emotionen an die Gespräche ging. Und es gab halt schon Bedenken, weil es zu jener Zeit einige Spielerinnen und Spieler hatte, die im Ausland auf seltsame Weise eine offizielle Platzerlaubnis erhalten hatten.
Thomas Busin: Ja, genau. In einer Woche zur Platzreife: Das war das Versprechen, das natürlich niemals seriös sein konnte. Wir haben viel Zeit dafür aufgewendet, klare Richtlinien zu erstellen und unter all den Partnern zu koordinieren, wer letztlich auf den Plätzen spielen durfte. Und glauben Sie mir: Die Migros war streng. Ich habe Leute weinen sehen, weil sie durch die Prüfung gefallen waren. Ein sehr einflussreiches Mitglied der Migros-Geschäftsleitung sagte mir, dass ich ja sicher dafür sorgen werde, dass es keine Probleme geben würde bei seiner Prüfung. Aber wir blieben da immer hart. Es hat sich gelohnt. Das war typisch Migros: systematisch und korrekt.
Aber auf die Migros hatte im Golf ja im Grunde genommen niemand gewartet, oder?
Thomas Buch: Darüber könnte man ein eigenes Buch schreiben. Ich hole gerne kurz ein wenig aus und fasse zusammen, wie es gelaufen ist. In längst legendären Sitzungen Ende der Achtzigerjahre konnte der Bauernverband überzeugt werden, dass es sinnvoll wäre, Land zur Verfügung zu stellen für Golfclubs. Da gab es teilweise extremen Widerstand unter den Bauern, und solche, die mit Golfclubs zusammenarbeiteten, wurden beschimpft. Aber irgendwann gelang ein Durchbruch, was zur Folge hatte, dass zahlreiche neue Plätze entstanden.
Martin Kessler: Es war wichtig, mit dem Bauernverband konstruktive Wege zur Zusammenarbeit zu finden. Letztlich war das ja auch wirtschaftlich interessant für die Bauern. Es war ein äusserst bedeutender Schritt für den Schweizer Golfsport, dass man damals nach anfänglichen Schwierigkeiten doch noch zu einer für alle akzeptablen Lösung fand. Ähnlich wie später bei den Debatten um die neuen Golfkarten.
Thomas Busin: Sonst wäre es schwierig bis unmöglich geworden, als Sport zu wachsen. Die Anzahl Plätze in der Schweiz stieg damals in relativ kurzer Zeit von 50, 60 auf rund 100. Und das war schliesslich auch die Basis dafür, dass die Migros einsteigen konnte. Wenn es im Golf zu einer Sättigung kommt, sind neue Ideen gefordert. Heute gibt es in der Freizeit so viele Möglichkeiten, dass es eine echte Herausforderung ist, nicht nur einen Mitgliederschwund zu verhindern, sondern auch weiteres Wachstum anzustreben. Als Vorstandsmitglied bei Swiss Golf weiss ich, wie wertvoll die ASGI und die Migros sind, weil sie längst nicht nur reine Handicapverwalter sind, sondern mit ihren Programmen, Kursen und Turnieren sehr viele attraktive Dinge anbieten. Das ist auch ein Unterschied zu benachbarten Ländern.
Warum?
Thomas Busin: In Deutschland, Frankreich oder Italien sind die Public-Golfer zwar viel stärker vertreten, aber man hat dort andere, weniger dynamische Konstrukte. Der Verband gibt dort diese Karten raus, aber er kann niemals so viel machen, wie es die ASGI oder die Migros tun. Das führt in vielen Ländern sogar dazu, dass Golferinnen und Golfer aufhören.
Gab es damals eigentlich auch diese Idee, dass der Verband selbst eine Karte rausbringt für clubfreie Spielerinnen und Spieler?
Martin Kessler: Wir haben das diskutiert, weil es diese Forderung schon auch gab unter den Clubs und bei uns. Einige meinten, dass man dann viel mehr Kontrolle hätte. Es gab ja diese Befürchtung, die grosse Migros würde Schritt für Schritt den Golfsport übernehmen. Und die Migros passte auf den ersten Blick ja schon nicht unbedingt zum Golf, wie man ihn jahrzehntelang gekannt hatte. Aber wir erkannten, wie gut die ASGI und die Migros organisiert waren. Es wäre dumm gewesen, in einen Kampf zu ziehen mit ihnen.
Thomas Busin: Wenn wir hier so miteinander reden, merke ich immer wieder, wie intensiv diese Verhandlungen gewesen sind. Es hört sich so viele Jahre später manchmal fast zu positiv an. Deshalb möchte ich schon klar festhalten: Da war nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen, lange Zeit überhaupt nicht. Wir haben das zwar vorhin besprochen, und doch glaube ich, dass vielen nicht bewusst war und bis heute nicht ist, wie kompliziert das war. Es hätte auch anders und richtig übel werden können. Da haben viele heftig am Tischtuch gezerrt. Und es wurde lobbyiert, die ASGI hatte selbst in der Migros bis weit nach oben gute Kontakte und Bekanntschaften. Lassen wir das mal so stehen.
Was haben Sie dagegen gemacht?
Thomas Busin: Ich habe mich mehr als einmal persönlich eingesetzt und vermittelt, weil ich mich über gewisse Vorkommnisse ärgerte. Die Spannungen waren spürbar, Pascal Germanier war ein überaus engagierter Kämpfer für die ASGI. Er hat das gut gemacht, dafür gebührt ihm Respekt. Wenn er sich nicht so engagiert hätte, wäre es zwar deutlich schneller zu einer Einigung gekommen, aber vielleicht wäre es dann heute für die ASGI schwieriger. Und es hatte genug für alle in diesem Futtertopf, davon war ich immer überzeugt. Und das zeigt sich ja auch heute.
Martin Kessler: Im Zentrum standen auch immer wieder wirtschaftliche Überlegungen. In den Clubs gab es zuerst teilweise Befürchtungen, viele Mitglieder würden abspringen, weil diese Karten eben nur 240 Franken kosten würden. Aber das war nicht so. Und die Clubs merkten bald, dass wir ihnen die Autonomie über ihre Plätze lassen würden. Diese Ansicht vertraten wir immer. Wir wollten den Golfsport in seiner Gesamtheit voranbringen und mussten alle Ansprüche berücksichtigen. Aber zu stark in den Markt eingreifen darf ein Verband nicht. Die Aussichten auf viele Einnahmen durch den Verkauf von Greenfees an clubfreie Golferinnen und Golfer hat dann in den meisten Clubs zu einem Umdenken geführt.
Thomas Schmutz: Das war faszinierend, wie sich die Meinung bei einigen komplett änderte. Ich verstand die Überlegungen der Clubs diesbezüglich immer, weil finanzielle Gründe nun einmal einen hohen Stellenwert haben. Dieser Wandel der Gesellschaft ging damals ziemlich rasant voran, das Vereinswesen bildete sich zurück, die Leute wollten sich weniger für eine Sache fix verpflichten. Die Handicapkarten kamen zum optimalen Zeitpunkt.
Thomas Busin: Eines darf man auch nicht vergessen: Der Charakter des Golfsports ist anders als in anderen Sportarten, die Organisation ist total unterschiedlich. Der Verband hat weniger Einfluss aufs Tagesgeschäft, seine Mitglieder sind die Clubs. Vermögende Personen haben Plätze gebaut, und es darf ihr gutes Recht sein, darüber zu entscheiden, wer dort spielt. Dieser Punkt spielte eine wesentliche Rolle. Auf der anderen Seite gab es Anlagen, die deutlich stärker auf Clubfreie angewiesen waren. Es war wirklich ein enormes Spannungsfeld.
Kann man heute behaupten, dass die Migros GolfCard den Schweizer Golfsport revolutioniert hat?
Thomas Schmutz: Ich hatte damals schon den Eindruck, dass es eine grosse Sache ist, was da entsteht. Die Leidenschaft, mit der die beteiligten Parteien sich einsetzten, habe ich selten erlebt. Heute dürfen alle sagen, dass es sich gelohnt hat. Und das ist in solchen emotionalen Dingen selten der Fall.
Thomas Busin: Revolution ist vielleicht ein bisschen zu stark, aber es geht in diese Richtung. Ich finde es passender, wenn man sagt, diese Entwicklung habe den Schweizer Golfsport ergänzt und letztlich komplettiert. Für die Migros, und damals arbeitete ich dort, war es als Gesamtunternehmen natürlich nicht ganz so entscheidend wie für die ASGI und wohl für den Golfverband. Aber es war die Krönung einer tollen Geschichte, die übrigens eher lustig und ein wenig durch Zufall entstand.
Erzählen Sie.
Thomas Busin: Es gab vor langer Zeit in Zumikon eine Indooranlage in einer umgebauten Scheune. Das war damals, um das Wort von vorhin zu gebrauchen, eine revolutionäre Sache. Auf jeden Fall war ich in dieser Indooranlage beim Training, als ein schottischer Golfpro auftauchte, der dort seine Arbeit gerade anfing und noch kein Hotel für die nächste Nacht hatte. Ich sagte ihm, er dürfte bei uns zu Hause übernachten. Wir plauderten dann stundenlang über Golf, und er erzählte irgendwann, dass es in Schottland viele Anlagen gebe, die zwar einen Privatclub hätten, aber auch Publicgolfer zulassen würden. Das fand ich spannend, also brachte ich diese Idee mal in der Migros in eine Sitzung mit. Warum nicht Anlagen bauen, die nicht einzig für Mitglieder offen sind? Und weil parallel dazu schon andere Anstrengungen bei der Migros im Gang waren, Fuss im Golfsport zu fassen, gab ein Wort das andere.
Thomas Schmutz: Die Migros hat es oft ausgezeichnet, dass sie eine Vorreiterrolle einnahm. Sie hat auch die Power dazu. Beim Golf war es enorm wichtig, dass einflussreiche Menschen von dieser Idee überzeugt waren.
Thomas Busin: Und die Migros geht ja auch heute mit der Zeit, verbindet Tradition mit Moderne. Das sieht man beim virtuellen Golf, das in Zukunft noch viel grösser wird, als wir uns heute vorstellen können. Mittlerweile hat es viele Simulatoren auf den Driving Ranges, gerade jüngere Golferinnen und Golfer wünschen sich das.
Martin Kessler: Die Bedürfnisse haben sich gewandelt. Es gibt im Golf mehr ältere Menschen als in anderen Sportarten, das wird immer so sein, weil man unsere Sportart zum Glück bis ins hohe Alter ausüben kann. Aber es ist sehr wichtig, dass man den jüngeren Spielerinnen und Spieler die Möglichkeit gibt, neue Formate auszuprobieren. Der Golfsport wird in zehn, zwanzig Jahren wieder anders aussehen als heute. Das Fundament aber stimmt in der Schweiz, dazu haben die ASGI und die Migros ihren wertvollen Beitrag geleistet. Die Anzahl Golferinnen und Golfer ist nicht kleiner geworden, da haben andere Länder teilweise heftige Probleme. Und auch die Anzahl der Mitglieder in den Schweizer Golfclubs ist nicht zurückgegangen. Der Anteil der Clubfreien wiederum ist gestiegen, das ist normal, das Zusammenspiel hat sich eingespielt. Wobei man sagen muss, dass es in auch in den letzten Jahren heikle Phasen gab.
Sie sprachen einen Richtungsstreit vor ein paar Jahren im Verband an. Was wäre passiert, wenn es nach dem Ablauf der Verträge mit der ASGI und der Migros im Golfverband zu jenen personellen Veränderungen gekommen wäre, die womöglich das Ende der Zusammenarbeit bedeutet hätten?
Martin Kessler: Das möchte ich mir nicht vorstellen. Zum Glück kam dann mit Reto Bieler ein Präsident, der wusste, was wichtig für den Golfsport ist. Er hat hier grosse Verdienste, die Public-Golf-Organisationen wurden in den Swiss-Golf-Statuten viel robuster verankert.
Thomas Busin: Es war ein Spiel mit dem Feuer. Die Migros suchte damals bereits nach Alternativen, es hätte wohl eine Handicapverwaltung im Ausland gegeben. Die Folgen wären brutal gewesen, der Verband hätte schwer gelitten, das wäre für alle ein Desaster gewesen. Es war ein sehr einschneidender Moment, weil ein paar wenige, die sich zu stark für die Interessen der Clubs einsetzten, alles aufs Spiel setzen wollten. Das ganze, fein ausbalancierte System des Schweizer Golfsports wäre zerstört worden, wenn sich damals bei der Wahl des Swiss-Golf-Vorstands sowie des Präsidenten jene durchgesetzt hätten, die alles anders aufbauen wollten.
Was hätte das für Swiss Golf bedeutet?
Thomas Busin: Als Verantwortlicher für den Spitzensport im Vorstand kann ich erklären, was es in diesem Bereich für Auswirkungen gehabt hätte. Die Einnahmen wären auf einen Schlag fast auf die Hälfte gesunken, wir hätten also massiv weniger finanzielle Mittel für unsere Spielerinnen und Spieler zur Verfügung gehabt. Unser jahrelang aufgebautes System im Nachwuchs und bei den Spitzenkräften, um nur zwei Beispiele zu nennen, wäre nicht mehr in dieser tollen Art finanzierbar gewesen. Es wäre wie ein Kahlschlag für all unsere Bemühungen gewesen. Und: Die damals rund 20 000 Spielerinnen und Spieler von Migros wären vermutlich im Ausland verwaltet worden. Zum Glück wurden diese Pläne nicht umgesetzt. Es war sehr unvernünftig gewesen, alles zu gefährden, was Swiss Golf stark macht.
Martin Kessler: Interessant ist in dieser Geschichte für mich, dass es offenbar immer noch Menschen gibt, die sich nicht mit der Entwicklung anfreunden können und sich die alten Zeiten zurückwünschen. Dabei funktioniert das Setup perfekt. Auch die Golfclubs haben Wege gefunden, sich im neuen Konstrukt zu etablieren, und sind innovativ. Im Übrigen treten Menschen selten einfach so aus den Clubs aus, sie zeichnet eine grosse Verbundenheit aus.
Thomas Busin: Es gibt ein passendes Beispiel, warum die Ordnung im Schweizer Golf ausgezeichnet ist: Wenn es 2000 neue Golferinnen und Golfer im Jahr gibt, sind vielleicht zehn Prozent in einem Club, der Rest ist bei der Migros und bei der ASGI. Allein das zeigt, wie wichtig die beiden Unternehmen im Golfsport geworden sind. Und dieser Trend wird sich eher verstärken. Also geht es weiterhin darum, alle Anspruchsgruppen zufriedenzustellen. Und nicht gegeneinander zu kämpfen.
Gab es jemals ernsthafte Überlegungen in der Migros, zusammen mit der ASGI eine Karte herauszugeben?
Thomas Schmutz: Die kurze Antwort ist: nein. Die etwas längere Antwort ist, dass es in der damaligen Situation schlicht unmöglich gewesen wäre. Die Migros wäre der falsche Partner für die ASGI gewesen, bei der ASGI wäre Pascal Germanier niemals dazu bereit gewesen. So war es, und das war okay so. Es war immer offensichtlich, dass es einen langen, beschwerlichen Weg brauchen wird, bis eine Lösung präsentiert werden kann. Darum dürfen alle Beteiligten auch ein wenig stolz sein, kam dieses Abkommen zustande.
Heute, zwei Jahrzehnte später, dürfen wir diese Frage ja stellen: Martin Kessler, wie sehr waren Sie von der Migros als Player im Golfsport überzeugt?
Martin Kessler: Ganz ehrlich, ich war immer ein Fan der Migros und auch ein guter Kunde. Vorhin sagte Thomas Schmutz, ich sei zuerst eher zurückhaltend gewesen bezüglich der Migros GolfCard. Daran erinnere ich mich nicht mehr (lacht). Der Widerstand kam eher aus der Romandie.
Thomas Schmutz: Mit Martin war es immer sehr gut, sehr kollegial, sehr professionell. Ich war ein Bekannter seines Bruders, unsere Kinder waren in der gleichen Schule, zudem kannten sich unsere Frauen. Das führte alles zu einer Offenheit, die natürlich half, zumal wir nicht weit voneinander entfernt lebten.
Thomas Busin: Wenn wir schon über Martin reden: Mich beeindruckte immer, wie er alles auf einem Notizblock mitschrieb, an jeder Sitzung. Und wir trafen uns oft, ich erinnere mich an die Diskussionen im alten Bahnhofbuffet im ersten Stock am Hauptbahnhof in Zürich.
Martin Kessler: Leider habe ich diese Aufzeichnungen alle fortgeschmissen.
Thomas Busin: Martin war mit seiner umgänglichen, souveränen Art enorm wertvoll, weil er beim Golfverband auch intern viele Leute überzeugte. Er war nicht unkritisch, das nicht, aber das war seine Aufgabe, weil er im Sinne des Verbandes handeln musste. Das realisierte ich später, als ich selbst im Vorstand Einsitz nehmen durfte. Heute kann ich in dieser Funktion von meinen Erfahrungen mit Martin profitieren.
Thomas Schmutz: Es war sicher so, dass Martin beim Golfverband Bedenken ausgeräumt hat. Immer mit Ruhe und Bedachtheit, das war eine seiner Stärken.
Martin Kessler: Man muss dazu sagen, dass die Gespräche mit euch angenehmer waren als mit anderen. Das war wirklich teilweise keine erfreuliche Zeit für mich. Als ich Ende Januar 2004 gewählt wurde, war es mir wichtig, sofort mit der ASGI eine gute Basis zu legen, weil die Sache mit der Migros schon Fahrt aufgenommen hatte. Am Anfang war ich nicht sehr erfolgreich, obwohl ich alles gab.
Bleibt zum Schluss die Frage: Wie gelang es bei der Migros, in diesem Sturm der Emotionen, halbwegs gelassen zu bleiben?
Thomas Schmutz: Es war wichtig, Distanz zu haben und es nicht persönlich zu nehmen. Mir gelang das wie gesagt gut. Und wenn man den Kosmos Migros kennt, dann weiss man auch, wie man intern vorgehen muss, um als Einheit aufzutreten. Das war wichtig. Wir mussten auch bei uns immer wieder Menschen vom Golfsport überzeugen. Und als es wegen der GolfCard so harte Debatten gab, war das für jene, die Golf nicht so toll fanden, sicher auch eine Gelegenheit, sich neu zu positionieren und gegen das Engagement zu opponieren.
Thomas Busin: Die Migros ist wirklich wie ein eigener Planet. Da gibt es so viele Verbindungen, gerade wegen den zehn regionalen Genossenschaften, die ja eigenständig sind. Für Thomas Schmutz war das eine besondere Challenge, weil er uns ja nichts direkt befehlen konnte vom Hauptsitz aus. Er hat das mit viel Umsicht und Charme gelenkt. Interessant war auch, dass es gerade zu Beginn des Golfprojekts bei der Migros viele Menschen gab, die Angst hatten, man werde nun viel Geld in den Golf investieren. Es gibt so viele Aktivitäten in den Klubschulen, dazu das sogenannt heilige Kulturprozent. Die Angst, dieses Kulturprozent würde die Golfaktivitäten subventionieren, war stark vorhanden. Es war wichtig, den Golfsport immer von allem abzugrenzen, auch finanziell. Es musste also kommerziell betrieben werden, wie die Fitnessabteilung. Das ist der Migros gut gelungen. Der Vorwurf, man werde den reichen Golfern Geld nachschmeissen, hielt sich jedoch lange.
Thomas Schmutz: Einer von der Migros, der sehr hoch in der Hierarchie stand, sagte an so einer Golfsitzung einmal, er wisse gar nicht, was er hier eigentlich mache. Das sei reine Zeitverschwendung. Das war extrem. Wir haben aber auch ihn ins Boot holen können.
Martin Kessler: Das ist witzig. Beim Golfverband gab es ja wiederum die Befürchtung, die Migros werde sich unseren Sport unter den Nagel reissen. Weil bei der Migros aber immer eine hohe Qualität vorhanden war, auch bei der Ausbildung, gelang es ihr Schritt für Schritt, noch stärker Fuss zu fassen im Golf.
Thomas Busin: Ein wenig schade ist im Nachhinein, dass es eigentlich bei den Vertragsunterzeichnungen gar keine Feier oder so gab. Das passierte alles ohne grosses Brimborium. Es war nicht gleich konspirativ oder ein Hinterzimmergroove, aber wirklich alle gemeinsam sassen wir ja sehr selten zusammen. Es gab den Verband, die ASGI und die Migros. Und irgendwann nach einigen Jahren und vielen Gesprächen endlich eine Einigung.
Thomas Schmutz: Ich war schon ab und zu alleine mit Pascal Germanier von der ASGI zusammen. Aber klar, die Verhandlungen wurden oft über den Verband geführt. Und ich war sehr froh, dass am Ende auch bei uns in der Migros alle betroffenen Genossenschaften von dieser Sache überzeugt waren. Heute darf man sagen: Der immense Aufwand hat sich gelohnt.
Martin Kessler war von 2004 bis 2008 Präsident des Schweizerischen Golfverbandes, der damals noch ASG und nicht Swiss Golf hiess. Er war und ist immer noch ein ausgezeichneter Golfer und hat sich in vielen Bereichen für den Schweizer Golfsport engagiert. Martin Kessler ist in der familieneigenen Risiko- und Versicherungsberatungsfirma Kessler & Co AG tätig, die mittlerweile in vierter Generation geführt wird. Er arbeitet dort immer noch als Berater. Der 73-Jährige lebt in Zumikon.
Thomas Schmutz arbeitete 33 Jahre bei der Migros. Zuerst für die Klubschulen und die Kulturprozent-Aktivitäten bei der Migros Zürich und anschliessend von 1996 bis 2012 als Leiter der Koordinationsstelle Klubschule/Freizeitanlagen beim Migros-Genossenschafts-Bund. Dabei war er anderem verantwortlich für die Koordination der Golfprojekte. Der 75-Jährige lebt heute im Zollikerberg.
Thomas Busin ist heute Vorstandsmitglied bei Swiss Golf und betreut unter anderem den Bereich Spitzengolf. Er arbeitete ebenfalls lange bei der Migros – und war bei der Genossenschaft Zürich unter anderem verantwortlich für die Klubschulen und Freizeitanlagen und damit für den Golfsport. Der 66-Jährige lebt in Zürich.